Stufenzuordnung

Nach § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT wird Elternzeit nicht auf die für die Einstufung maßgebliche Stufenlaufzeit angerechnet. Dies diskriminiert nach einem Urteil vom 27. Januar 2011 (- 6 AZR 526/09 -) weibliche Beschäftigte weder unmittelbar noch mittelbar wegen ihres Geschlechts. Eine unmittelbare Diskriminierung scheidet aus, da nicht an das Geschlecht, sondern an die Männern und Frauen gleichermaßen offenstehende Elternzeit anknüpft wird.

Es liegt auch keine mittelbare Diskriminierung iSd. § 3 Abs. 2 AGG vor. Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis während der Elternzeit unter Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten ruht, und aktiv Beschäftigte sind grundsätzlich nicht vergleichbar. Der Stufenaufstieg im TVöD knüpft in rechtlich zulässiger Weise an den Erfahrungsgewinn im aktiven Arbeitsverhältnis. In der Zeit, in der das Arbeitsverhältnis während der Inanspruchnahme von Elternzeit unter Suspendierung der beiderseitigen Hauptpflichten ruht, wird keine solche Erfahrung gewonnen. Weder Unionsrecht noch nationales Recht gebieten die Gleichstellung Beschäftigter, deren Arbeitsverhältnis wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit ruht, mit aktiv Beschäftigten. § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT genügt den Anforderungen des § 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub im Anhang zur RL 96/34/EG, weil die vor Beginn der Elternzeit zurückgelegte Stufenlaufzeit erhalten bleibt. Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 2 und 3 RL 76/207/EWG in der Fassung der RL 2002/73/EG und Art. 16 der diese Richtlinie mit Wirkung zum 15. August 2009 ersetzenden RL 2006/54/EG erfassen ausschließlich Arbeitnehmer, die aus dem Vaterschafts- bzw. Adoptionsurlaub zurückkehren. Diese Institute kennt das deutsche Recht nicht. Im Sinne des acteclair-Grundsatzes besteht Gewissheit, dass Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 3 RL 76/207/EWG und Art. 16 RL 2006/54/EG auf die unionsrechtlichen Bestimmungen über den Elternurlaub und die diese in das nationale Recht umsetzende Regelungen keine Anwendung finden. Weder § 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG noch der Gleichberechtigungsgrundsatz gebieten die Berücksichtigung der Elternzeit für den Stufenaufstieg im B. Rechtsprechungsübersicht 31 Entgeltsystem des TVöD. Zwar darf die von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Gruppenbildung die durch Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützten Belange von Ehe und Familie nicht gleichheits- und sachwidrig außer Betracht lassen. Das neue Entgeltsystem des TVöD stellt aber durch den Stufenaufstieg innerhalb der Entgeltgruppe ohne Bezug zu Art. 6 GG auf die in der Berufserfahrung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit ab.

Inhaltskontrolle von Versorgungsordnungen

Der Dritte Senat hat im Urteil vom 19. Januar 2011 (- 3 AZR 29/09 -) zur Inhaltskontrolle von Versorgungsordnungen entschieden, dass aufgrund systematischer Auslegung nach § 2 des Tarifvertrags zur Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung iVm. dem Tarifvertrag Lufthansa-Betriebsrente für das Kabinenpersonal bei der fiktiven rückwirkenden Berechnung der sog. LufthansaBetriebsrente Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses einer Flugbegleiterin nicht zu berücksichtigen sind. Dies verstößt nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts.

Eine nach Unionsrecht, deutschem Verfassungsrecht und dem AGG verbotene mittelbare Benachteiligung setzt voraus, dass sich in der durch eine Regelung benachteiligten Gruppe im Vergleich zur begünstigten Gruppe wesentlich mehr Frauen befinden als Männer. Ein die mittelbare Benachteiligung ausschließender Sachgrund liegt vor, wenn die Regelung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Dies gilt auch für Tarifverträge. Allerdings kommt den Tarifvertragsparteien aufgrund der Tarifautonomie eine Einschätzungsprärogative bezüglich der sachlichen Gegebenheiten, der betroffenen Interessen und der Regelungsform sowie ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der von ihnen getroffenen Regelungen zu. Im konkreten Fall war schon nicht ersichtlich, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Betriebsrentensystems durch die Nichtanrechnung von Vordienstzeiten Frauen besonders betroffen waren. Das von den Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Vereinheitlichung des neuen Betriebsrentensystems verwandte Mittel, nämlich die Nichtanrechnung von Vordienstzeiten, war erforderlich, da es einen anderen Weg zur Erreichung dieses Ziels aus Sicht des Senats nicht gab. Die Tarifvertragsparteien haben durch Vergleichsberechnung über die Garantierente sichergestellt, dass erworbene Besitzstände im alten System erhalten bleiben. Zur Einräumung weiterer Vergünstigungen waren die Tarifvertragsparteien nicht verpflichtet. Das Vertrauen eines Arbeitnehmers darauf, dass ihm über bereits erworbene Besitzstände hinaus für die Vergangenheit begünstigende Regelungen zugutekommen, ist nicht in besonderer Weise schutzwürdig. In einer Versorgungsordnung ist es grundsätzlich zulässig, die Betriebsrente unter Berücksichtigung der Entgeltentwicklung der aktiv Beschäftigten zu kürzen. Der Dritte Senat hat mit Urteil vom 26. Oktober 2010 (- 3 AZR 711/08 -) entschieden, dass eine Klausel zulässig ist, nach der sich das Ruhegeld nach Maßgabe des ruhegeldfähigen Einkommens der vergleichbaren im Dienst befindlichen Arbeitnehmer erhöht oder vermindert. Dabei ist es für das Verdienstniveau der aktiv Beschäftigten unerheblich, ob eine Entgeltkürzung mit einer Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit einhergeht oder nicht. Die dem Dritten Senat vorliegende Klausel orientierte die Betriebsrenten am Dienstniveau der aktiv Beschäftigten. Die Klausel war nicht an dem für Eingriffe in Versorgungsanwartschaften entwickelten dreistufigen Prüfschema zu messen, denn die Versorgungsordnung nahm von vornherein für die Berechnung der Höhe der Betriebsrenten die tariflich geregelten Einkommen der aktiv Beschäftigten in Bezug. Die Bemessung der Betriebsrente nach der Einkommensentwicklung der Aktiven war daher von vornherein Vertragsbestandteil. Eine solche Orientierung ist nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit sachgerecht. Allerdings ist es mit den zwingenden Grundwertungen des Betriebsrentenrechts nicht zu vereinbaren, wenn die Versorgungsordnung eine Beeinträchtigung des bei Eintritt des Versorgungsfalls erdienten, mit der Ausgangsrente definierten Versorgungsniveaus ermöglicht. Bei Eintritt des Versorgungsfalls hat der Arbeitnehmer die der Ausgangsrente entsprechende Arbeitsleistung insgesamt erbracht. Die Ausgangsrente unterliegt damit einem besonderen Schutz.
Stellt die Versorgungsordnung – wie im entschiedenen Fall – laufend ein aus verschiedenen Leistungen errechnetes Versorgungsniveau sicher, kommt es auf das bei Eintritt des Versorgungsfalls entstandene, mit der Regelung der Rente definierte Versorgungsniveau insgesamt und die dafür nach der Versorgungsordnung maßgeblichen Bestimmungsfaktoren an. Im konkreten Fall war die Klausel insoweit unwirksam, als die Regelung eine Kürzung des Berechnungseinkommens ermöglichte, das der Ausgangsrente bei Eintritt des Versorgungsfalls zugrunde gelegt wurde. Im Übrigen waren die ohne weiteres sinnvoll gebliebenen und als in sich geschlossene Regelung weiter anwendbaren Kürzungsmöglichkeiten wirksam.
Die Verweisung in einem Versorgungsvertrag auf die für die Berechnung des Ruhegehalts und der Hinterbliebenenbezüge jeweils geltenden Vorschriften des Versorgungsrechts der Beamten ist nach einem Urteil des Dritten Senats vom 30. November 2010 (- 3 AZR 798/08 -) grundsätzlich wirksam. Sie ist nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Ein Arbeitnehmer, dessen Vergütung sich nach den beamtenrechtlichen Vorschriften richtet, muss damit rechnen, dass sein Vertragspartner auch das Ruhegehalt nach den beamtenversorgungsrechtlichen Bestimmungen in ihrer jeweils geltenden Fassung berechnen wird. Die Verweisungsklausel ist keiner uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach den §§ 307, 308 und 309 BGB zu unterziehen. Sie muss lediglich dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügen. Die Höhe der zugesagten Versorgung ist selbst dann Gegenstand der Hauptleistungspflicht, wenn vertraglich nur die für die Ermittlung der Höhe maßgeblichen Bewertungsfaktoren vereinbart werden. Wird ausschließlich bezüglich der Berechnung der Betriebsrente – wie im vom Senat entschiedenen Fall – umfassend auf das Beamtenversorgungsrecht Bezug genommen, so sind die beamtenversorgungsrechtlichen Bestimmungen integrale Bestandteile des Betriebsrentenanspruchs. Da beide Arbeitsvertragsparteien keinen Einfluss auf die Änderung des in Bezug genommenen Beamtenversorgungsrechts hatten, handelte es sich bei der Verweisungsklausel auch nicht um einen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB. Aufgrund der Inbezugnahme des Beamtenrechts findet die beamtenversorgungsrechtliche Anpassungsregelung – hier § 70 BeamtVG – Anwendung und nicht § 16 BetrAVG. Allerdings darf die Anwendung von Regeln des Beamtenversorgungsrechts nicht gegen zwingende Grundwertungen bzw. zwingende Bestimmungen des Betriebsrentenrechts verstoßen. Ein Versorgungsberechtigter, der aufgrund rentenrechtlicher Bestimmungen (§ 5 Abs. 1 SGB VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, weil er Besoldung nach beamtenrechtlichen Vorschriften erhält und bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung seiner Bezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen sowie auf Beihilfe hat, bedarf nach den gesetzlichen Wertungen des über § 16 BetrAVG vermittelten Schutzes nicht. Insofern war die Klage des nach beamtenrechtlichen Grundsätzen versorgungsberechtigten Klägers auf Anpassung der Versorgungsbezüge gemäß § 16 BetrAVG erfolglos.

Rückzahlung von Aus- oder Fortbildungskosten

Eine Klausel in einer vorformulierten Vereinbarung, wonach der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Kosten der Aus- oder Fortbildung zur erstatten hat, wenn er auf eigenen Wunsch oder aus seinem Verschulden aus dem Arbeitsverhältnis vor Ablauf des Kalendermonats ausscheidet, in dem das Zeugnis über den Abschluss der Aus- oder Fortbildung ausgestellt ist, hält gemäß Urteil des Dritten Senats vom 19. Januar 2011 (- 3 AZR 621/08 -) der AGB-Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB regelmäßig stand.

Grundsätzlich sind einzelvertragliche Vereinbarungen zur Kostenbeteiligung zulässig, wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Allerdings können derartige Zahlungsverpflichtungen, die an eine vom Arbeitnehmer zu verantwortende Beendigung des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, gegen Treu und Glauben verstoßen. Ob dies der Fall ist, ist anhand einer Interessenabwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Daran gemessen benachteiligte die vertragliche Bindung den Arbeitnehmer im vom Senat entschiedenen Fall nach Abschluss der Prüfung angesichts des erheblichen geldwerten Vorteils für den Arbeitnehmer nicht unverhältnismäßig. Gleiches galt für die Bindungsklausel während der Ausbildung. Eine solche Rückzahlungsklausel ist auch dann angemessen, wenn die Aus- oder Weiterbildung in mehreren, zeitlich voneinander getrennten Abschnitten erfolgt. Voraussetzung ist jedoch, dass nach der Vereinbarung die zeitliche Lage der einzelnen Aus- oder
Fortbildungsabschnitte den Vorgaben der Aus- oder Fortbildungseinrichtung entspricht und die vertragliche Vereinbarung dem Arbeitgeber nicht die Möglichkeit einräumt, allein nach seinen Interessen die Teilnahme an den jeweiligen Aus- oder Fortbildungsabschnitten oder deren zeitliche Lage festzulegen. Der Arbeitnehmer muss zudem mit der Aus- oder Weiterbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Bindung an das Arbeitsverhältnis erhalten, dh. sie stellt für ihn einen geldwerten Vorteil dar und er braucht nur die bis zum Ausscheiden tatsächlich entstandenen Kosten zurückzuzahlen. Eine unangemessene Benachteiligung durch die Rückzahlungsklausel liegt jedoch auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer nach Erteilung des Abschlusszeugnisses aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden könnte, ohne mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet zu sein.

Mitbestimmung bei Ein- und Umgruppierung

Wie der Siebte Senat mit Beschluss vom 12. Januar 2011 (- 7 ABR 34/09 -) entschieden hat, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat beteiligen, wenn er Arbeitnehmer den Entgeltgruppen des Entgeltrahmen-Tarifvertrags für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg vom 16. September 2003 (ERA-TV) zuordnet.

Es handelt sich dabei um eine nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Eingruppierung. Eine Ein- oder Umgruppierung im Sinne dieser Bestimmung ist die rechtliche Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer einer bestimmten Gruppe einer Vergütungsordnung oder einer von mehreren Vergütungsordnungen zugeordnet ist. Dagegen ist die abstrakte Bewertung einer Stelle, eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit selbst keine der Mitbestimmung nach § 99 BetrVG unterfallende personelle Einzelfallmaßnahme. Daher besteht bei der Bewertung und Einstufung von Arbeitsaufgaben nach dem im ERA-TV festgelegten Verfahren kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Der Arbeitgeber hat aber darüber hinaus dem Beschäftigten und dem Betriebsrat nach § 9.2 ERA-TV die sich aufgrund der Einstufung der Arbeitsaufgabe ergebende Entgeltgruppe mitzuteilen. Das setzt zwingend die Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Entgeltgruppe sowie die damit einhergehende Einschätzung des Arbeitgebers voraus, dass der Arbeitnehmer die einer bestimmten Bewertung und Einstufung entsprechende Arbeitsaufgabe ausführt. Hierin liegt die nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Ein- oder Umgruppierung. Das Mitbestimmungsrecht entfällt nicht deshalb, weil die Beurteilung des Arbeitgebers und demzufolge die Mitbeurteilung des Betriebsrats aufgrund der konkreten Vorgaben der Vergü-tungsordnung stark eingeschränkt sind. Die Tarifvertragsparteien des ERA-TV haben das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen auch nicht etwa beseitigt. Das Betriebsverfassungsgesetz enthält Mindestbestimmungen über die Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Die Tarifvertragsparteien können diese nicht wirksam ausschließen, sofern nicht das Betriebsverfassungsgesetz selbst eine solche Möglichkeit – etwa nach § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG – vorsieht. Der Siebte Senat hat mit Beschluss vom 4. Mai 2011 (- 7 ABR 10/10 -) seine ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach der Betriebsrat in Fällen, in denen der Arbeitgeber die gebotene Ein- oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers unterlässt, in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen kann, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung vorzunehmen, ihn um Zustimmung zu ersuchen und im Falle der beachtlichen Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten. Die Verpflichtung zur Ein- und Umgruppierung setzt eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung voraus. Woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt, ist unerheblich. Sie kann in einem Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig beschlossen sein. Für die betriebliche Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 BetrVG kommt es nicht auf einen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf die Anwendung des Tarifvertrags, sondern darauf an, ob die Vergütungsordnung im Betrieb gilt. Allerdings gilt eine tarifliche Vergütungsordnung für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer nicht unmittelbar und zwingend (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Dies bedeutet aber nicht, dass deshalb die betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung dieser Arbeitnehmer entfiele. Es geht bei der Pflicht des Arbeitgebers zur Ein- oder Umgruppierung – jedenfalls primär – nicht um die Prüfung individueller Vergütungsansprüche, sondern um die Beachtung der kollektiv geltenden Vergütungsordnung. Der Senat hat nicht entscheiden, welche Wirkung auf die individuellen Ansprüche des einzelnen Arbeitnehmers die betriebsverfassungsrechtlich gebotene Eingruppierung hat, die der Arbeitgeber mit – unmittelbar erteilter oder vom Arbeitsgericht ersetzter  Zustimmung des Betriebsrats vornimmt. Jedenfalls folgt aus der Pflicht des Arbeitgebers, auch nicht tarifgebundene Arbeitnehmer in die in seinem Betrieb geltende tarifliche Vergütungsordnung einzugruppieren, nicht ohne Weiteres ein mit der Eingruppierung korrespondierender Anspruch dieser Arbeitnehmer.

Auch die tarifvertragliche Altersgrenze bedarf eines rechtfertigenden Sachgrundes

Nach dem Urteil des Siebten Senats vom 8. Dezember 2010 (- 7 AZR 438/09 -) war die tarifliche Altersgrenze des § 33 Abs. 1a TVöD-V (in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung) wirksam. Danach endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Beschäftigte das 65. Lebensjahr vollendet.

Allerdings bedürfen auch tarifvertragliche Altersgrenzen zu ihrer Wirksamkeit eines sie rechtfertigenden Sachgrundes iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG. Den Tarifvertragsparteien steht jedoch bei der Normsetzung eine Einschätzungsprärogative zu den tatsächlichen Gegebenheiten, betroffenen Interessen und Regelungsfolgen zu. Diese ist nur überschritten, wenn für die Regelung
plausible, einleuchtende Gründe nicht erkennbar sind. Daher durften die Tarifvertragsparteien dem Interesse des Arbeitgebers, beizeiten geeigneten Nachwuchs einzustellen und bereits beschäftigte Arbeitnehmer zu fördern, den Vorrang vor dem Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers einräumen, wenn dieser durch den Bezug einer gesetzlichen Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres wirtschaftlich abgesichert ist. Die tarifvertragliche Regel verstößt auch nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung (§§ 1, 7 Abs. 1 AGG). Sie führt zwar zu einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters. Diese ist aber nach § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG erlaubt. Mit dieser Regelung verfolgt der deutsche Gesetzgeber, wie auch der Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 12. Oktober 2010 (- C 45/09 – „Rosenbladt“) entschieden hat, rechtmäßige Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG. Die tarifliche Regelung dient ebenfalls legitimen Zielen. Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, ging es den Tarifvertragsparteien mit der Altersgrenze darum, im Bereich des öffentlichen
Dienstes für eine zuverlässige, langfristige Personalplanung zu sorgen, eine ausgewogene Altersstruktur zu erhalten, den Nachwuchs zu fördern, Aufstiegschancen zu eröffnen und damit Leistungs- und Motivationsanreize für die bereits Beschäftigten zu schaffen. Das zur Erreichung dieser Ziele angewandte Mittel der automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze erscheint unter Berücksichtigung des weiten Ermessensspielraums der Tarifvertragsparteien als erforderlich und angemessen

Übergang des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung auf die ARGE

Nach § 143 Abs. 2 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs, wenn der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen hat. Erhält der Arbeitslose während des Ruhenszeitraums Arbeitslosengeld nach § 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III, geht der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gemäß § 115 Abs. 1 SGB X auf die Bundesagentur für Arbeit über.

Nach § 143 Abs. 2 Satz 2 SGB III beginnt der Ruhenszeitraum mit dem ersten Tag, der auf das Ende des Arbeitsverhältnisses folgt, und endet mit dem Ablauf des letzten (fiktiven) Urlaubstags. Der Zehnte Senat hat mit Urteil vom 17. November 2010 (- 10 AZR 649/09 -) entschieden, dass sich der Ruhenszeitraum nicht verschiebt, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Krankengeld nach § 44 SGB V und kein Arbeitslosengeld bezieht. Ist der Zeitraum des Krankengeldbezugs länger als der Ruhenszeitraum gemäß § 143 Abs. 2 SGB III, kann kein Forderungsübergang nach § 115 Abs. 1 SGB X, § 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III bewirkt werden. Die Verschiebung des Ruhenszeitraums sieht § 143 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht vor. Im vom Senat entschiedenen Fall hat der klagende Arbeitgeber den der Bundesagentur für Arbeit gezahlten Betrag – angeblich übergegangene Ansprüche auf Urlaubsabgeltung der beklagten Arbeitnehmerin – im Rahmen eines Bereicherungsanspruchs gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB gegenüber der beklagten Arbeitnehmerin geltend gemacht. Die Klage blieb erfolglos, weil die beklagte Arbeitnehmerin durch die Zahlung des klagenden Arbeitgebers an die Bundesagentur für Arbeit nicht von einer Verbindlichkeit gegenüber der Bundesagentur für Arbeit befreit wurde.

Einsicht in die Personalakte

Der Arbeitnehmer hat auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Einsicht in seine vom ehemaligen Arbeitgeber in Papierform weiter aufbewahrte Personalakte. Nach einem Urteil des Neunten Senats vom 16. November 2010 (- 9 AZR 573/09 -) folgt dies aus der nachwirkenden arbeitgeberseitigen Schutz- und Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.


Nach § 241 Abs. 2 BGB hat der Arbeitgeber im Rahmen seiner vertraglichen Schutzund Rücksichtnahmepflichten auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Der Inhalt dieser Schutz- und Rücksichtnahmepflichten wird auch durch die Grundrechte des Arbeitnehmers geprägt. Hierzu gehört gemäß Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der einzelne Bürger soll mit hinreichender Sicherheit überschauen können, welche ihn betreffenden Informationen über bestimmte Bereiche seiner sozialen Umwelt bekannt sind und gegebenenfalls unter denkbaren Kommunikationspartnern kursieren können. Der Arbeitnehmer hat deshalb auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch darauf, dass unrichtige Inhalte aus seiner Personalakte entfernt werden. Dies setzt voraus, dass er von dessen fortbestehendem Inhalt Kenntnis hat. Daraus folgt ohne Weiteres sein Recht auf Einsichtnahme in die Personalakte auch nach beendetem Arbeitsverhältnis. Der Neunte Senat hat damit die bisherige Rechtsprechung aufgegeben, wonach der nachvertragliche Anspruch auf Personalakteneinsicht voraussetzt, dass der Arbeitnehmer ein konkretes berechtigtes Interesse darlegt.

Anpassung der Betriebsrente nach § 16 Abs. 1 BetrAVG

Nicht nur werbend am Markt tätige Unternehmen, sondern auch Rentnergesellschaften – einziger Gesellschaftszweck ist die Abwicklung der Versorgungsverbindlichkeiten – und Abwicklungsgesellschaften – neben der Betriebsrentnerbetreuung existieren noch unternehmerische Aktivitäten im Bereich der Geschäftsabwicklung – müssen eine Anpassung der Betriebsrenten nach § 16 Abs. 1 BetrAVG prüfen. Dabei sind auch Rentner- und Abwicklungsgesellschaften nicht verpflichtet, die Kosten für die Betriebsrentenanpassung aus ihrem Vermögen aufzubringen. Auch ihnen ist eine angemessene Eigenkapitalverzinsung zuzubilligen.

Allerdings ist bei Rentner- und Abwicklungsgesellschaften bereits eine Eigenkapitalverzinsung angemessen, die der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen entspricht. Für einen Zuschlag, wie er werbend tätigen Unternehmen zugebilligt wird, deren in das Unternehmen investiertes Eigenkapital einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, besteht kein Anlass. Der Dritte Senat hat mit Urteil vom 26. Oktober 2010 (- 3 AZR 502/08 -) an seiner dahingehenden Rechtsprechung festgehalten. Es usste nicht geklärt werden, ob es sich tatsächlich um eine Rentner- oder Abwicklungsgesellschaft handelte, da die Beklagte auch ohne Zuerkennung eines Risikozuschlags mit hoher Wahrscheinlichkeit damit rechnen musste, dass ihr die für die Anpassung der Betriebsrenten erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fehlen würde. Bei einer Gesamtbetrachtung war die Eigenkapitalverzinsung niedriger als die Umlaufrendite öffentlicher Anleihen. Dabei wird die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens durch dessen Ertragskraft im Ganzen geprägt. Der Arbeitgeber ist nicht schon dann zur Anpassung der Betriebsrenten verpflichtet, wenn einzelne Einkünfte den Umfang der Anpassungslast übersteigen. Rückstellungen für die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung mit Zeit-, insbesondere Steuerstundungseffekt führen nicht zur Anpassung der Betriebsrente, da ihnen keine Erträge zugeordnet werden können. Die Beklagte musste sich auch nicht die wirtschaftliche Lage der Konzernmuttergesellschaft im Wege des Berechnungsdurchgriffs zurechnen lassen. Dies setzt einen Gleichlauf von Zurechnung und Innenhaftung im Sinne einer Einstandspflicht/Haftung des anderen Konzernunternehmens gegenüber dem Versorgungsschuldner voraus. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Dritten Senats konnte sich ein Berechnungsdurchgriff auch aus den Regeln zum qualifiziert faktischen Konzern ergeben. Das setzte voraus, dass die Muttergesellschaft die Geschäfte des Tochterunternehmens tatsächlich dauernd und umfassend führt und sich eine konzerntypische Gefahr verwirklicht hat. Der Senat hat offen gelassen, ob daran festzuhalten ist. Im entschiedenen Fall gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff im qualifiziert faktischen Konzern vorlagen.

Formelles Tarifvertragsrecht

Eine wirksame Vertretung bei Abschluss eines Firmentarifvertrags setzt nach § 164 Abs. 1 BGB voraus, dass der Vertreter – neben der Bevollmächtigung zur Abgabe der Willenserklärung – erkennbar im Namen des Vertretenen gehandelt hat. Der Vertretungswille kann sich zwar auch aus den Umständen ergeben (§ 164 Abs. 1 Satz 2 BGB). Wegen des Normcharakters tariflicher Regelungen müssen diese aber einen Grad an Klarheit und Eindeutigkeit erreichen, der einer ausdrücklichen Nennung als Tarifvertragspartei gleichwertig ist. Zudem müssen sie in einer § 1 Abs. 2 TVG genügenden Form niedergelegt sein (BAG 17. Oktober 2007 – 4 AZR 1005/06 -).

In einem Urteil vom 18. November 2009 (- 4 AZR 491/08 -) hat der Vierte Senat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt. Danach gilt ein durch eine herrschende Konzerngesellschaft geschlossener Tarifvertrag nur dann für ein abhängiges Unternehmen iSd. §§ 17, 18 AktG, wenn es erkennbar und dem Schriftlichkeitsgebot ausreichend Rechnung tragend den Tarifvertrag als Partei mit abgeschlossen hat. Im Streitfall waren diese Anforderungen nicht erfüllt. Die bloße Angabe des abhängigen Unternehmens in den Regelungen des Geltungsbereichs des Tarifvertrags reicht nicht aus. Über die Wirksamkeit der im Tarifvertrag vereinbarten sog. einfachen Differenzierungsklausel für die Beschäftigten eines verklagten Tochterunternehmens, nach der Gewerkschaftsmitglieder eine höhere Sonderzahlung als die anderen Arbeitnehmer erhalten, musste der Senat deshalb nicht entscheiden. Ein Anspruch auf eine höhere Sonderzahlung ergab sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn dieser greift nur bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers ein, nicht aber – wie im Streitfall – beim vermeintlichen Normenvollzug. Sieht ein Flächentarifvertrag vor, dass die Tarifvertragsparteien einer Betriebsvereinbarung über abweichende Arbeitsbedingungen im Fall der begründeten Notwendigkeit derartiger Regelungen zu bestimmten, im Tarifvertrag aufgeführten Zwecken zustimmen „sollen“, begründet dies bei Einhaltung dieser Kriterien eine Pflicht der Tarifvertragsparteien zur Erteilung der Zustimmung, sofern die möglichen Abweichungen im Tarifvertrag selbst eingegrenzt sind und keine gewichtigen Anhaltspunkte im Einzelfall einer solchen Zustimmung entgegenstehen. Dies hat der Vierte Senat in einem Urteil vom 20. Oktober 2010 (- 4 AZR 105/09 -) entschieden. Die Einhaltung dieser sich aus dem Tarifvertrag ergebenden Pflicht kann vom anderen Tarifvertragspartner gerichtlich geltend gemacht werden.

Keine Neubescheidung nach Stellenübertragung

Der Anspruch des Bewerbers nach Art. 33 Abs. 2 GG auf Übertragung einer Stelle setzt dem Grundsatz nach voraus, dass diese noch nicht besetzt ist. Für eine Neubescheidung ist kein Raum, wenn die begehrte Stelle dem erfolgreichen Konkurrenten rechtswirksam auf Dauer übertragen worden ist.

Mit einem Urteil vom 12. Oktober 2010 (- 9 AZR 554/09 -) hat der Neunte Senat diese Rechtsgrundsätze bestätigt. Geklagt hatte ein abgelehnter Stellenbewerber gegen eine Hochschule in kirchlicher Trägerschaft, die eine ausgeschriebene Professorenstelle mit einer Konkurrentin des Klägers besetzt hatte. Abgeleitet aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes kann einem zu Unrecht übergangenen Bewerber ausnahmsweise ein Anspruch auf Stellenbesetzung zustehen, wenn durch das Verhalten der Verwaltung ein effektiver Rechtsschutz verhindert worden war. Im Streitfall lagen diese Voraussetzungen nicht vor. Das
Arbeitsgericht verwehrte dem Kläger einstweiligen Rechtsschutz, ohne dass der Kläger gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegte. Im Übrigen neigte der Senat der Auffassung zu, dass die Beklagte als Hochschule in kirchlicher Trägerschaft nicht Adressat der öffentliche Arbeitgeber verpflichtenden Regelung des Art. 33 Abs. 2 GG ist. Dies gilt unabhängig davon, dass die Beklagte ihre Personalkosten aufgrund landesrechtlicher Regelungen aus öffentlichen Haushaltsmitteln erstattet bekommt. Der Senat
hat darüber hinaus einen Schadensersatzanspruch des Klägers verneint. Selbst wenn Art. 33 Abs. 2 GG anzuwenden wäre, wäre die Beklagte dem Kläger nur dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ihm anstelle der Konkurrentin das Amt hätte übertragen werden müssen. Hierfür hätte festgestellt werden müssen, dass ein hypothetischer Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen der Beklagten zu der Entscheidung geführt hätte, den Kläger einzustellen. Denn das Verhalten des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren ist für den Schaden eines zurückgewiesenen Bewerbers nur ursächlich, wenn sich jede andere Besetzungsentscheidung des Arbeitgebers als rechtsfehlerhaft erwiesen hätte, der zurückgewiesene Bewerber also der bestqualifizierte Bewerber war. Der Vortrag des Klägers, wenigstens einer der übrigen Bewerber sei schlechter als er, reichte hierzu ebenso wenig wie die Behauptung, es sei ausgeschlossen, dass drei andere Bewerber insgesamt besser geeignet gewesen sein sollten.