Inhaltskontrolle von Versorgungsordnungen

Der Dritte Senat hat im Urteil vom 19. Januar 2011 (- 3 AZR 29/09 -) zur Inhaltskontrolle von Versorgungsordnungen entschieden, dass aufgrund systematischer Auslegung nach § 2 des Tarifvertrags zur Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung iVm. dem Tarifvertrag Lufthansa-Betriebsrente für das Kabinenpersonal bei der fiktiven rückwirkenden Berechnung der sog. LufthansaBetriebsrente Zeiten eines früheren Arbeitsverhältnisses einer Flugbegleiterin nicht zu berücksichtigen sind. Dies verstößt nicht gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Geschlechts.

Eine nach Unionsrecht, deutschem Verfassungsrecht und dem AGG verbotene mittelbare Benachteiligung setzt voraus, dass sich in der durch eine Regelung benachteiligten Gruppe im Vergleich zur begünstigten Gruppe wesentlich mehr Frauen befinden als Männer. Ein die mittelbare Benachteiligung ausschließender Sachgrund liegt vor, wenn die Regelung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Dies gilt auch für Tarifverträge. Allerdings kommt den Tarifvertragsparteien aufgrund der Tarifautonomie eine Einschätzungsprärogative bezüglich der sachlichen Gegebenheiten, der betroffenen Interessen und der Regelungsform sowie ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der von ihnen getroffenen Regelungen zu. Im konkreten Fall war schon nicht ersichtlich, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Betriebsrentensystems durch die Nichtanrechnung von Vordienstzeiten Frauen besonders betroffen waren. Das von den Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Vereinheitlichung des neuen Betriebsrentensystems verwandte Mittel, nämlich die Nichtanrechnung von Vordienstzeiten, war erforderlich, da es einen anderen Weg zur Erreichung dieses Ziels aus Sicht des Senats nicht gab. Die Tarifvertragsparteien haben durch Vergleichsberechnung über die Garantierente sichergestellt, dass erworbene Besitzstände im alten System erhalten bleiben. Zur Einräumung weiterer Vergünstigungen waren die Tarifvertragsparteien nicht verpflichtet. Das Vertrauen eines Arbeitnehmers darauf, dass ihm über bereits erworbene Besitzstände hinaus für die Vergangenheit begünstigende Regelungen zugutekommen, ist nicht in besonderer Weise schutzwürdig. In einer Versorgungsordnung ist es grundsätzlich zulässig, die Betriebsrente unter Berücksichtigung der Entgeltentwicklung der aktiv Beschäftigten zu kürzen. Der Dritte Senat hat mit Urteil vom 26. Oktober 2010 (- 3 AZR 711/08 -) entschieden, dass eine Klausel zulässig ist, nach der sich das Ruhegeld nach Maßgabe des ruhegeldfähigen Einkommens der vergleichbaren im Dienst befindlichen Arbeitnehmer erhöht oder vermindert. Dabei ist es für das Verdienstniveau der aktiv Beschäftigten unerheblich, ob eine Entgeltkürzung mit einer Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit einhergeht oder nicht. Die dem Dritten Senat vorliegende Klausel orientierte die Betriebsrenten am Dienstniveau der aktiv Beschäftigten. Die Klausel war nicht an dem für Eingriffe in Versorgungsanwartschaften entwickelten dreistufigen Prüfschema zu messen, denn die Versorgungsordnung nahm von vornherein für die Berechnung der Höhe der Betriebsrenten die tariflich geregelten Einkommen der aktiv Beschäftigten in Bezug. Die Bemessung der Betriebsrente nach der Einkommensentwicklung der Aktiven war daher von vornherein Vertragsbestandteil. Eine solche Orientierung ist nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit sachgerecht. Allerdings ist es mit den zwingenden Grundwertungen des Betriebsrentenrechts nicht zu vereinbaren, wenn die Versorgungsordnung eine Beeinträchtigung des bei Eintritt des Versorgungsfalls erdienten, mit der Ausgangsrente definierten Versorgungsniveaus ermöglicht. Bei Eintritt des Versorgungsfalls hat der Arbeitnehmer die der Ausgangsrente entsprechende Arbeitsleistung insgesamt erbracht. Die Ausgangsrente unterliegt damit einem besonderen Schutz.
Stellt die Versorgungsordnung – wie im entschiedenen Fall – laufend ein aus verschiedenen Leistungen errechnetes Versorgungsniveau sicher, kommt es auf das bei Eintritt des Versorgungsfalls entstandene, mit der Regelung der Rente definierte Versorgungsniveau insgesamt und die dafür nach der Versorgungsordnung maßgeblichen Bestimmungsfaktoren an. Im konkreten Fall war die Klausel insoweit unwirksam, als die Regelung eine Kürzung des Berechnungseinkommens ermöglichte, das der Ausgangsrente bei Eintritt des Versorgungsfalls zugrunde gelegt wurde. Im Übrigen waren die ohne weiteres sinnvoll gebliebenen und als in sich geschlossene Regelung weiter anwendbaren Kürzungsmöglichkeiten wirksam.
Die Verweisung in einem Versorgungsvertrag auf die für die Berechnung des Ruhegehalts und der Hinterbliebenenbezüge jeweils geltenden Vorschriften des Versorgungsrechts der Beamten ist nach einem Urteil des Dritten Senats vom 30. November 2010 (- 3 AZR 798/08 -) grundsätzlich wirksam. Sie ist nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Ein Arbeitnehmer, dessen Vergütung sich nach den beamtenrechtlichen Vorschriften richtet, muss damit rechnen, dass sein Vertragspartner auch das Ruhegehalt nach den beamtenversorgungsrechtlichen Bestimmungen in ihrer jeweils geltenden Fassung berechnen wird. Die Verweisungsklausel ist keiner uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach den §§ 307, 308 und 309 BGB zu unterziehen. Sie muss lediglich dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügen. Die Höhe der zugesagten Versorgung ist selbst dann Gegenstand der Hauptleistungspflicht, wenn vertraglich nur die für die Ermittlung der Höhe maßgeblichen Bewertungsfaktoren vereinbart werden. Wird ausschließlich bezüglich der Berechnung der Betriebsrente – wie im vom Senat entschiedenen Fall – umfassend auf das Beamtenversorgungsrecht Bezug genommen, so sind die beamtenversorgungsrechtlichen Bestimmungen integrale Bestandteile des Betriebsrentenanspruchs. Da beide Arbeitsvertragsparteien keinen Einfluss auf die Änderung des in Bezug genommenen Beamtenversorgungsrechts hatten, handelte es sich bei der Verweisungsklausel auch nicht um einen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB. Aufgrund der Inbezugnahme des Beamtenrechts findet die beamtenversorgungsrechtliche Anpassungsregelung – hier § 70 BeamtVG – Anwendung und nicht § 16 BetrAVG. Allerdings darf die Anwendung von Regeln des Beamtenversorgungsrechts nicht gegen zwingende Grundwertungen bzw. zwingende Bestimmungen des Betriebsrentenrechts verstoßen. Ein Versorgungsberechtigter, der aufgrund rentenrechtlicher Bestimmungen (§ 5 Abs. 1 SGB VI) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, weil er Besoldung nach beamtenrechtlichen Vorschriften erhält und bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung seiner Bezüge nach beamtenrechtlichen Grundsätzen sowie auf Beihilfe hat, bedarf nach den gesetzlichen Wertungen des über § 16 BetrAVG vermittelten Schutzes nicht. Insofern war die Klage des nach beamtenrechtlichen Grundsätzen versorgungsberechtigten Klägers auf Anpassung der Versorgungsbezüge gemäß § 16 BetrAVG erfolglos.