Wettbewerbsverbot – Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf die Karenzentschädigung

Wettbewerbsverbote iSv. § 74 HGB beruhen auf gegenseitigen Verträgen. Der Arbeitnehmer schuldet die Unterlassung von Wettbewerb und der Arbeitgeber die Zahlung der Karenzentschädigung. Nach einem Urteil des Zehnten Senats vom 14. September 2011 (- 10 AZR 198/10 -) war die beklagte Arbeitgeberin nicht berechtigt, das vom Kläger bezogene Arbeitslosengeld nach § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB auf die vertraglich vereinbarte Karenzentschädigung anzurechnen.

Der Senat hat Bedenken, ob nach § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB Arbeitslosengeld überhaupt auf den Anspruch auf Karenzentschädigung angerechnet werden kann. Nach dieser Vorschrift muss sich der Handlungsgehilfe auf die fällige Karenzentschädigung das anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit dieser Betrag und die Entschädigung 110 % der bisherigen Vergütung übersteigen.

Der Bezug vonArbeitslosengeld nach § 117 ff. SGB III beruht nicht auf der Verwertung der Arbeitskraft. Der Senat bezweifelt, ob es nach der Streichung der Anrechnungsvorschrift des § 148 Abs. 1 Satz 2 SGB III aF für die volle Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung noch eine gesetzliche Grundlage gibt. Es bestehen Bedenken an einer „planwidrigen“ Regelungslücke, zumal gesetzlich zuvor nur 30 % des Arbeitslosengeldes angerechnet werden konnten. Die Frage musste nicht abschließend entschieden werden, da allenfalls auf das tatsächlich ausgezahlte Arbeitslosengeld und nicht auf einen aus dem Arbeitslosengeld hochgerechneten Bruttobetrag abgestellt werden kann. Das Sozialversicherungsrecht kennt weder „netto“ noch „brutto“. Die Beschränkung der Anrechnung auf den Auszahlungsbetrag kann zwar bewirken, dass der Arbeitslose während der Bezugsdauer höhere Nettoeinkünfte erzielt als ein vergleichbarer Arbeitnehmer, der für die Zeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots einer konkurrenzfreien Tätigkeit nachgeht. Der frühere Arbeitgeber ist über die Möglichkeit, böswillig unterlassenen Verdienst anzurechnen, hinreichend vor Missbrauch geschützt. Im entschiedenen Fall war die allein durch die Bruttohochrechnung bedingte Kürzung der Karenzentschädigung unzulässig. Die entsprechende Vergütungsklage hatte Erfolg.