Rücktritt vom Aufhebungsvertrag wegen Nichtleistung

Ein Arbeitnehmer kann grundsätzlich von einer Aufhebungsvereinbarung gemäß § 323 Abs. 1 BGB wegen Nichtleistung zurücktreten, wenn sein Arbeitgeber die im Aufhebungsvertrag für den Verlust des Arbeitsplatzes zugesagte Abfindung nicht zahlt. Der Sechste Senat hat mit Urteil vom 10. November 2011 (- 6 AZR 357/10 -) entschieden, dass der außergerichtliche Aufhebungsvertrag, mit dem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet wird, ein gegenseitiger Vertrag iSv. § 323 BGB ist. Die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung der zugesagten Abfindung.

Diese ist bei einem außergerichtlichen, auf Initiative des Arbeitgebers zustande gekommenen Aufhebungsvertrag die Gegenleistung des Arbeitgebers für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ob die Parteien im Streitfall das Rücktrittsrecht des Klägers konkludent ausgeschlossen haben, hat der Senat offen gelassen. Die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts aus § 323 Abs. 1 BGB lagen bei Ausübung nicht vor, so dass der Senat auch nicht Stellung zu den Rechtsfolgen eines Rücktritts nehmen musste. Ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB ist die Durchsetzbarkeit der Forderung. Die von § 323 BGB vorausgesetzte wechselseitige Leistungspflicht ist begriffsnotwendig ausgeschlossen, wenn der Schuldner nicht leisten muss oder auch gar nicht leisten darf, die Forderung also nicht durchsetzbar ist. Dies war im vom Senat entschiedenen Fall im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Klägers der Fall. Die Beklagte war aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO nur noch in der Lage, mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters über ihr Vermögen zu verfügen. Dieser hat unstreitig eine Zustimmung zur Zahlung verweigert. Im Übrigen stand der Durchsetzbarkeit des Abfindungsanspruchs des Klägers die „dolo-petit-Einrede“ entgegen. Der Kläger hätte mit der Zahlung der Abfindung eine Leistung gefordert, die er im Rahmen der Insolvenzanfechtung alsbald hätte zurückgewähren müssen. Im Zeitpunkt der Ausübung des Rücktrittsrechts hatte der Kläger Kenntnis vom Insolvenzeröffnungsantrag.

Voraussetzungen des Auflösungsanspruchs

Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG hat das Gericht das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitgebers aufzulösen und diesen zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zur verurteilen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.

Für die Auflösung ist dabei der Zeitpunkt festzusetzen, an dem das Arbeitsverhältnis geendet hätte, wenn die Kündigung des Arbeitgebers sozial gerechtfertigt gewesen wäre (§ 9 Abs. 2 KSchG). In einer Entscheidung vom 23. Februar 2010 (- 2 AZR 554/08 -) hat der Zweite Senat seine bisherige Rechtsprechung bekräftigt, nach der eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch dann noch möglich ist, wenn das Arbeitsverhältnis nach dem vom Gericht nach § 9 Abs. 2 KSchG festzusetzenden Zeitpunkt, aber vor Erlass des Auflösungsurteils geendet hat (BAG 17. September 1987 – 2 AZR 2/87 -). Die Begründetheit des Auflösungsantrags ist in diesem Fall nicht auf Grund der bei Erlass des Urteils vorliegenden Umstände zu beurteilen. Vielmehr ist die erforderliche Prognose anhand der bis zur Beendigung eingetretenen Umstände zu erstellen und auf den Zeitraum zwischen dem Termin, zu dem die Kündigung gewirkt hätte, und dem Beendigungszeitpunkt zu erstrecken. Vorfälle, die sich erst nach dem Beendigungstermin ereignet haben, können dagegen zur Begründung nicht – auch nicht unterstützend – herangezogen werden. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers kommt zudem nur in Betracht, wenn die Kündigung nicht auch aus einem anderen Grund als dem der Sozialwidrigkeit unwirksam ist. Liegt ein anderer Unwirksamkeitsgrund iSv. § 13 Abs. 3 KSchG vor, so führt dies nicht zur prozessualen Unzulässigkeit des Auflösungsantrags. Es mangelt dem Antrag vielmehr – wie auch beim Fehlen von Auflösungsgründen – an einer materiellen Voraussetzung. Auf eine bestimmte Prüfungsreihenfolge sind die Gerichte für Arbeitssachen dabei nicht festgelegt. Weist das Landesarbeitsgericht den Auflösungsantrag des Arbeitgebers mit der Begründung ab, es lägen zwar keine anderen Unwirksamkeitsgründe iSv. § 13 Abs. 3 KSchG vor, es fehle aber an einem Auflösungsgrund, ist der Arbeitnehmer dadurch nicht beschwert. Ein hiergegen eingelegtes Rechtsmittel des Arbeitnehmers, das allein auf die Begründung der Antragsabweisung zielt, ist unzulässig.