Kombination von auflösender Bedingung und Zeitbefristung – Widerspruchslose Weiterarbeit

Eine Kombination von auflösender Bedingung und zeitlicher Höchstbefristung eines Arbeitsvertrags ist grundsätzlich zulässig. Setzt in einem solchen Fall der Arbeitnehmer seine Arbeit ohne Widerspruch des Arbeitgebers über den Zeitpunkt der zunächst eintretenden Bedingung hinaus fort, entsteht nach dem Urteil des Siebten Senats vom 29. Juni 2011 (- 7 AZR 6/10 -) kein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Allerdings gilt nach § 15 Abs. 5 TzBfG ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Arbeitgeber seiner Fortsetzung nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, oder nach Zweckerreichung nicht unverzüglich widerspricht.

Dies gilt nach § 21 TzBfG auch für auflösende Bedingungen. Die §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG sind grundsätzlich auch in Fällen der Kombination von auflösender Bedingung und zeitlicher Höchstbefristung anwendbar. Rechtsfolge der Weiterarbeit über den Bedingungseintritt hinaus ist jedoch nicht die unbefristete Fortdauer des Arbeitsverhältnisses. Die Fiktionswirkung ist vielmehr nach Sinn und Zweck der §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG auf den nur befristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses beschränkt. Der Kalenderbefristung kommt „Auffangwirkung“ zu. Der Wille der Arbeitsvertragsparteien geht typischerweise nicht dahin, unabhängig von der bisherigen Vereinbarung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu begründen. Der Senat hat ausdrücklich offen gelassen, ob die Rechtsfolge des § 15 Abs. 5 TzBfG auch dann eintritt, wenn der Arbeitgeber der Weiterarbeit des Arbeitnehmers über den Bedingungseintritt hinaus deshalb nicht unverzüglich widerspricht, weil er den Eintritt der auflösenden Bedingung in Verkennung der Sach- oder Rechtslage nicht erkannt hat.

Befristung der Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung und Nachschieben von Gründen

Will der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsvertrags geltend machen, muss er nach § 17 Satz 1 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des Arbeitsvertrags Befristungskontrollklage erheben. Hat er rechtzeitig Klage erhoben, kann er nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 6 Satz 1 KSchG bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Unwirksamkeit der Befristung aus anderen Gründen als denjenigen geltend machen, die er innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist benannt hat.

Nach dem Ende des ersten Rechtszugs ist der Arbeitnehmer grundsätzlich mit der Geltendmachung weiterer Unwirksamkeitsgründe ausgeschlossen. Dazu gehört auch die Rüge der mangelnden Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG. Das gilt dann nicht, wenn das Arbeitsgericht seine Hinweispflicht nach § 6 Satz 2 KSchG iVm. § 17 Satz 2 TzBfG verletzt hat. Dann kann der Arbeitnehmer nach dem Urteil des Siebten Senats vom 4. Mai 2011 (- 7 AZR 252/10 -) den erstinstanzlich nicht geltend gemachten Unwirksamkeitsgrund in das Berufungsverfahren einführen. In diesem Fall hat das Berufungsgericht den Unwirksamkeitsgrund selbst zu prüfen und muss die Sache nicht an das Arbeitsgericht zurückverweisen.

Sachgrundlose Befristung – Sog. Zuvor-Beschäftigung

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Das gilt nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Wie der Siebte Senat mit Urteil vom 6. April 2011 (- 7 AZR 716/09 -) entschieden hat, ist eine „Zuvor-Beschäftigung“ in diesem Sinne nicht gegeben, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt.

Wortlaut und systematischer Zusammenhang des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG zwingen zu keinem bestimmten Auslegungsergebnis. Die Gesetzesgeschichte deutet eher auf ein zeitlich unbeschränktes Verständnis. Gegen ein solches spricht der Zweck der Vorschrift. Dieser erschließt sich erst im Zusammenhang mit § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Die darin vorgesehene sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen soll zum einen dem Arbeitgeber ermöglichen, auf eine unsichere und schwankende Auftragslage und wechselnde Marktbedingungen durch Neueinstellungen flexibel zu reagieren. Zum anderen soll die befristete Beschäftigung für den Arbeitnehmer eine Alternative zur Arbeitslosigkeit und eine Brücke zur Dauerbeschäftigung sein. Durch § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG soll verhindert werden, dass die durch § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG eröffnete Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung zu „Kettenverträgen“ missbraucht wird. Gesetzeszweck des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist daher nicht die Verhinderung sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge, sondern die Verhinderung von „Befristungsketten“. Dies steht im Einklang mit dem Ziel der RL 1999/70/EG und gebietet kein lebenslanges Verbot der Vorbeschäftigung. Wenn zwischen zwei Arbeitsverhältnissen ein Zeitraum von mehreren Jahren liegt, kann von „Befristungsketten“ keine Rede mehr sein. Gegen ein zeitlich unbeschränktes Verständnis der Vorschrift sprechen insbesondere verfassungsrechtliche Erwägungen. Ein lebenslanges Verbot der Vorbeschäftigung würde arbeitssuchenden Arbeitnehmern, die vor längerer Zeit schon einmal bei dem Arbeitgeber beschäftigt waren, die Chance nehmen, über ein zunächst nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG befristetes Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu gelangen. Dadurch würden die Privatautonomie der Arbeitsvertragsparteien und die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers in übermäßiger Weise beschränkt. Das damit strukturell verbundene Einstellungshindernis wäre auch unter Berücksichtigung des mit § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verfolgten Schutzzwecks nicht gerechtfertigt. Die zeitliche Beschränkung des Verbots der Vorbeschäftigung erfordert eine im Wege der Rechtsfortbildung vorzunehmende Konkretisierung. Dafür bietet sich der an die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB angelehnte Zeitraum von drei Jahren zwischen dem Ende des vorangegangenen und dem Beginn des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses an. Er erscheint geeignet, erforderlich und ausreichend, um „Befristungsketten“ zu verhindern.

Haushaltsrechtliche Befristung

Nach dem Urteil des Siebten Senats vom 9. März 2011 (- 7 AZR 721/09 -) kann sich die Bundesagentur für Arbeit zur Rechtfertigung befristeter Arbeitsverträge nicht auf den Sachgrund der sog. haushaltsrechtlichen Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG berufen. Nach dieser Vorschrift kann ein Arbeitsvertrag wirksam befristet werden, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird.

Während der Wortlaut der Bestimmung für ihre Auslegung unergiebig ist, sprechen Gesetzesgeschichte und systematische Gesichtspunkte dafür, dass die Haushaltsmittel in einem förmlichen Gesetz vorgesehen sein müssen. Auch nach ihrem Sinn und Zweck ist die Vorschrift nicht anzuwenden, wenn Arbeitgeber und Haushaltsplangeber personenidentisch sind und der Haushaltsplan nicht von einem davon unabhängigen, demokratisch legitimierten Parlament aufgestellt wird. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass sich der öffentliche Arbeitgeber durch die Gestaltung seines Haushalts selbst die Befristungsgründe schafft. Die Auslegung entspricht darüber hinaus insbesondere auch verfassungsrechtlichen Erfordernissen. Mit der Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG ist eine Benachteiligung der bei eineam öffentlichen Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer in ihrem aufgrund Art. 12 Abs. 1 GG gebotenen arbeitsvertraglichen Bestandsschutz verbunden. Die Ungleichbehandlung gegenüber den bei einem privaten Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmern lässt sich allenfalls rechtfertigen, wenn der Haushaltsplangeber demokratisch legitimiert und nicht mit dem Arbeitgeber identisch ist. Der Senat hat ausdrücklich offengelassen, was für Gebietskörperschaften gilt.

Auch die tarifvertragliche Altersgrenze bedarf eines rechtfertigenden Sachgrundes

Nach dem Urteil des Siebten Senats vom 8. Dezember 2010 (- 7 AZR 438/09 -) war die tarifliche Altersgrenze des § 33 Abs. 1a TVöD-V (in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung) wirksam. Danach endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Beschäftigte das 65. Lebensjahr vollendet.

Allerdings bedürfen auch tarifvertragliche Altersgrenzen zu ihrer Wirksamkeit eines sie rechtfertigenden Sachgrundes iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG. Den Tarifvertragsparteien steht jedoch bei der Normsetzung eine Einschätzungsprärogative zu den tatsächlichen Gegebenheiten, betroffenen Interessen und Regelungsfolgen zu. Diese ist nur überschritten, wenn für die Regelung
plausible, einleuchtende Gründe nicht erkennbar sind. Daher durften die Tarifvertragsparteien dem Interesse des Arbeitgebers, beizeiten geeigneten Nachwuchs einzustellen und bereits beschäftigte Arbeitnehmer zu fördern, den Vorrang vor dem Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers einräumen, wenn dieser durch den Bezug einer gesetzlichen Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres wirtschaftlich abgesichert ist. Die tarifvertragliche Regel verstößt auch nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung (§§ 1, 7 Abs. 1 AGG). Sie führt zwar zu einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters. Diese ist aber nach § 10 Satz 3 Nr. 5 AGG erlaubt. Mit dieser Regelung verfolgt der deutsche Gesetzgeber, wie auch der Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 12. Oktober 2010 (- C 45/09 – „Rosenbladt“) entschieden hat, rechtmäßige Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG. Die tarifliche Regelung dient ebenfalls legitimen Zielen. Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, ging es den Tarifvertragsparteien mit der Altersgrenze darum, im Bereich des öffentlichen
Dienstes für eine zuverlässige, langfristige Personalplanung zu sorgen, eine ausgewogene Altersstruktur zu erhalten, den Nachwuchs zu fördern, Aufstiegschancen zu eröffnen und damit Leistungs- und Motivationsanreize für die bereits Beschäftigten zu schaffen. Das zur Erreichung dieser Ziele angewandte Mittel der automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze erscheint unter Berücksichtigung des weiten Ermessensspielraums der Tarifvertragsparteien als erforderlich und angemessen