Abbruch einer Betriebsratswahl

Wie der Siebte Senat mit Beschluss vom 27. Juli 2011 (- 7 ABR 61/10 -) entschieden hat, kann der Arbeitgeber den Abbruch einer Betriebsratswahl verlangen, wenn diese voraussichtlich nichtig ist. Die bloße Anfechtbarkeit genügt nicht.

Der Arbeitgeber könnte sonst mit dem gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehenen Unterlassungsantrag mehr erreichen, als mit der gesetzlich vorgesehenen Wahlanfechtung. Eine erfolgreiche Wahlanfechtung hat nach § 19 Abs. 1 BetrVG keine rückwirkende Kraft, sondern wirkt nur für die Zukunft. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Wahlanfechtungsverfahrens bleibt auch ein nicht ordnungsgemäß gewählter Betriebsrat mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt. Würde schon im Fall der Anfechtbarkeit der bevorstehenden Wahl ein Abbruch zugelassen, würde das Zustandekommen eines Betriebsrats verhindert und ein betriebsratsloser Zustand aufrechterhalten oder herbeigeführt, der nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes grundsätzlich nicht eintreten soll. Auch würde durch den vorzeitigen Abbruch der Wahl den Anfechtungsberechtigten von vornherein die Möglichkeit genommen, die Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG verstreichen und die Wahl unangefochten zu lassen. Die für politische Wahlen geltenden Grundsätze sprechen ebenfalls dafür, den Abbruch einer Betriebsratswahl auf die Fälle der Nichtigkeit zu beschränken. Unabhängig davon kann allerdings einem Wahlvorstand, der überhaupt nicht oder in nichtiger Weise bestellt wurde, das weitere Tätigwerden untersagt werden. Einfache Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands reichen hierfür nicht aus. Die Bestellung des Wahlvorstands ist vielmehr nur in besonderen Ausnahmefällen nichtig.

Ermittlung der Belegschaftsstärke

Mit Urteil vom 18. Oktober 2011 hat der Erste Senat (- 1 AZR 335/10 -) entschieden, dass bei der Ermittlung der Belegschaftsstärke von 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern in § 111 Satz 1 BetrVG Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Unternehmen eingesetzt sind, mitzuzählen sind.

Für ein solches Normverständnis spricht bereits der Wortlaut des § 111 Satz 1 BetrVG. Der Zweck dieses Schwellenwerts steht einer Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Ermittlung der Belegschaftsstärke nicht entgegen, sondern verlangt diese vielmehr, weil nur so sichergestellt wird, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrats und die Rechte der betriebsangehörigen Arbeitnehmer aus §§ 111, 112 BetrVG bei einem nach der gesetzlichen Wertung als ausreichend leistungsfähig anzusehenden Unternehmen in Anspruch genommen werden können. In dem vom Senat entschiedenen Fall war die Leiharbeitnehmerin länger als sechs Monate und damit auch in der Regel beim beklagten Unternehmen beschäftigt. Da dieses einschließlich der Leiharbeitnehmerin 21 Arbeitnehmer beschäftigte und eine Betriebsänderung durchgeführt hatte, ohne zuvor mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich zu versuchen, war die auf Nachteilsausgleich gerichtete Klage eines hiervon betroffenen Arbeitnehmers erfolgreich.

Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten

Bei der Änderung einer im Betrieb bestehenden Vergütungsordnung besteht hinsichtlich der in ihr enthaltenen Entlohnungsgrundsätze ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Entlohnungsgrundsätze sind die allgemeinen Vorgaben, aus denen sich die Vergütung der Arbeitnehmer des Betriebs in abstrakter Weise ergibt. Zu ihnen gehören Regelungen über die Eingruppierung der von den Arbeitnehmern auszuübenden Tätigkeit.

Die in einer solchen Vergütungsordnung enthaltenen Grundsätze bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden soll. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, neu eingestellte Arbeitnehmer in die im Betrieb geltende Vergütungsordnung einzugruppieren. Das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann im Betrieb eines tarifgebundenen Arbeitgebers allerdings durch den Tarifvorrang des § 87 Abs. 1 Halbs. 1 BetrVG, wonach der Betriebsrat nur mitbestimmen kann, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, beschränkt oder ausgeschlossen sein. Ist der Arbeitgeber nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG an einen Tarifvertrag gebunden, in dem ein Vergütungssystem für die Arbeitnehmer enthalten ist, besteht eine tarifliche Regelung iSd. § 87 Abs. 1 Halbs. 1 BetrVG. Auf die Tarifbindung der Arbeitnehmer kommt es nicht an. Der Ausschluss des Mitbestimmungsrechts führt allerdings nicht dazu, dass der Arbeitgeber die in der Vergütungsordnung enthaltenen Entlohnungsgrundsätze einseitig ändern kann. Der Erste Senat hat daher im Beschluss vom 18. Oktober 2011(- 1 ABR 25/10 -) einen tarifgebundenen Arbeitgeber nicht für berechtigt gehalten, eine im Tarifvertrag enthaltene Vergütungsordnung nicht mehr auf alle, sondern nur auf die tarifgebundenen Arbeitnehmer anzuwenden. Vielmehr waren auch die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG in die für den Arbeitgeber geltende Vergütungsordnung einzugruppieren. Zu den nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitbestimmungspflichtigen betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz gehört auch die durch § 12 ArbSchG dem Arbeitgeber auferlegte Verpflichtung, die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu unterweisen. Einigen sich die Betriebsparteien nicht über Art und Inhalt der Unterweisung, hat das die Einigungsstelle zu regeln. Hierbei hat sie die Erkenntnisse einer Gefährdungsbeurteilung (§ 5 Abs. 1 ArbSchG) zu berücksichtigen und die konkrete arbeitsplatz- oder aufgabenbezogene Unterweisung daran auszurichten. Sie kann ihren Regelungsauftrag allerdings nur vollständig erfüllen, wenn sie die konkreten Gefahren am Arbeitsplatz in den Blick nimmt und hierauf aufbauend konkrete, arbeitsplatzbezogene Bestimmungen beschließt. Der Erste Senat hat deshalb am 11. Januar 2011 (- 1 ABR 104/09 -) entschieden, dass ein Einigungsstellenspruch zu Unterweisungen der Arbeitnehmer nach § 12 ArbSchG unwirksam ist, wenn in dem Betrieb vor der Beschlussfassung keine Gefährdungsbeurteilungen vorgenommen wurden. Wegen der fehlenden Gefährdungsbeurteilung enthält der Spruch Regelungen „ins Blaue hinein“, die den darauf bezogenen Konflikt der Betriebsparteien keiner vollständigen Lösung zuführen und auch nicht zuführen können. Die Betriebsparteien können nach dem Urteil des Ersten Senats vom 12. April 2011 (- 1 AZR 412/09 -) in einer Betriebsvereinbarung den Anspruch auf eine im Synallagma stehende variable Erfolgsvergütung nicht davon abhängig machen, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Auszahlungstag außerhalb des Bezugszeitraums vom Arbeitnehmer ungekündigt besteht. Eine solche Stichtagsregelung betrifft weder einen Verteilungsgrundsatz iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG noch eine Auszahlung des Arbeitsentgelts nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG. Sie bewirkt der Sache nach vielmehr, dass der Arbeitgeber entgegen § 611 Abs. 1 BGB keine Vergütung für die nach Maßgabe der Zielvereinbarung geleisteten Dienste erbringen muss. Damit verletzen die Betriebsparteien die beim Abschluss einer solchen freiwilligen Betriebsvereinbarung (§ 88 BetrVG) gemäß § 75 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu beachtenden Binnenschranken, wozu auch § 611 Abs. 1 BGB zählt. Auch Leistungen, die an den Unternehmenserfolg geknüpft sind, werden regelmäßig als zusätzliche Vergütung für eine im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gezahlt. Darüber hinaus stellt es auch einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers dar, wenn diesem eine bereits verdiente Arbeitsvergütung entzogen wird, um eine vom Arbeitnehmer veranlasste Arbeitsplatzaufgabe zu verzögern oder zu verhindern. Die damit verbundene Beschränkung der Arbeitsplatzwahlfreiheit berücksichtigt völlig einseitig die Interessen des Arbeitgebers am Verbleib des Arbeitnehmers und sein Bedürfnis, einen aus seiner Sicht unerwünschten Wechsel, ggf. zu einem Wettbewerber, zumindest zu verzögern oder gar zu verhindern.

Abmeldung von Betriebsratsmitgliedern bei Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz

Nach dem Beschluss des Siebten Senats vom 29. Juni 2011 (- 7 ABR 135/09 -) ist ein Betriebsratsmitglied, das an seinem Arbeitsplatz während seiner Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben erledigt, grundsätzlich verpflichtet, sich beim Arbeitgeber abzumelden und die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit mitzuteilen.

Die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beim Verlassen des Arbeitsplatzes bestehende Abmeldepflicht von Betriebsratsmitgliedern gilt grundsätzlich auch, wenn ein Betriebsratsmitglied die Betriebsratstätigkeit an seinem Arbeitsplatz ausübt. Einer
Zustimmung des Arbeitgebers bedarf das Betriebsratsmitglied zwar nicht. Die Abmeldepflicht hat jedoch den Zweck, dem Arbeitgeber die Arbeitseinteilung zu erleichtern, vor allem den Arbeitsausfall des Betriebsratsmitglieds zu überbrücken. Daher besteht keine vorherige Meldepflicht in den Fällen, in denen eine vorübergehende Umorganisation der Arbeitseinteilung nicht ernsthaft in Betracht kommt. Maßgeblich hierfür sind die
Umstände des Einzelfalls. Dazu gehören insbesondere die Art der Arbeitsaufgabe des Betriebsratsmitglieds und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunterbrechung. In Fällen, in denen sich das Betriebsratsmitglied nicht abmeldet, ist es verpflichtet, dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen nachträglich die Gesamtdauer der in einem bestimmten Zeitraum geleisteten Betriebsratstätigkeit mitzuteilen. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran zu erkennen, für welche Zeiten er aufgrund von Betriebsratstätigkeit nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 37 Abs. 2 BetrVG Entgelt zahlen muss, obwohl das Betriebsratsmitglied keine Arbeit geleistet hat. Meldet sich das Betriebsratsmitglied ab und zurück, entfällt die Dokumentationspflicht.

Wirtschaftliche Vertretbarkeit von Sozialplänen

Die wirtschaftliche Vertretbarkeit von Sozialplänen iSd. § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG richtet sich grundsätzlich auch dann nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des sozialplanpflichtigen Arbeitgebers, wenn das Unternehmen einem Konzern angehört.

Spaltet allerdings ein Unternehmen (Ausgangsrechtsträger) sein Vermögen in der Weise, dass die zur Führung eines Betriebs notwendigen Vermögensteile bei einer sog. Anlagegesellschaft iSd. § 134 Abs. 1 UmwG verbleiben, aber einer sog. Betriebsgesellschaft iSd. § 134 Abs. 1 UmwG für die Führung ihres Betriebs zur Nutzung überlassen werden, ist die Einigungsstelle bei einer nachfolgenden sozialplanpflichtigen Betriebsänderung in dem Betrieb der Betriebsgesellschaft nicht darauf beschränkt, nur deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei der Sozialplandotierung nach § 112 Abs. 5 BetrVG zu berücksichtigen. Nach dem Beschluss des Ersten Senats vom 15. März 2011 (- 1 ABR 97/09 -) wird durch § 134 Abs. 1 UmwG vielmehr in allen Arten der Spaltung iSd. § 123 UmwG die Einstandspflicht der Anlagegesellschaft zugunsten der Arbeitnehmer der Betriebsgesellschaft erweitert. Dies führt nicht nur zu einer Haftung der Anlagegesellschaft für die in Sozialplänen vereinbarten Abfindungsansprüche der Arbeitnehmer der Betriebsgesellschaft, sondern erlaubt darüber hinaus auch einen Bemessungsdurchgriff bei der Aufstellung eines Sozialplans für die Betriebsgesellschaft. Dieser besteht jedoch nicht unbeschränkt, sondern ist der Höhe nach auf die bei der Spaltung entzogenen Vermögensteile begrenzt. Ein Bemessungsdurchgriff kann sich auch aus anderen Gründen ergeben. Steht einer Gesellschaft nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen zur Existenzvernichtungshaftung im GmbH-Konzern aus § 826 BGB ein Schadensersatzanspruch gegen den Alleingesellschafter zu, zählt dieser zum Vermögen der Gesellschaft, die Gläubigerin dieses Anspruchs ist. Deshalb spricht vieles dafür, ihn auch bei der Beurteilung der Vermögenslage der Gesellschaft und der daran anknüpfenden wirtschaftlichen Vertretbarkeit eines Sozialplans zu berücksichtigen. Da es im entschiedenen Fall an Anhaltspunkten dafür gefehlt hat, dass die Alleingesellschafterin der Gesellschaft in haftungsrechtlich relevanter Weise Vermögen entzogen hat, bedurfte diese Frage jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Das Unterlassen einer gebotenen finanziellen Ausstattung stellt noch keinen Eingriff in das zweckgebundene, den Gläubigern als Haftungsfonds dienende Gesellschaftsvermögen dar. Mit Urteil vom 12. April 2011 (- 1 AZR 743/09 -) hat der Erste Senat entschieden, dass jüngere Arbeitnehmer in einem Sozialplan nicht durch Alterszuschläge benachteiligt werden, die zusätzlich zu der sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem Arbeitsverdienst errechnenden Grundabfindung an Arbeitnehmer ab dem Erreichen des 45. und des 50. Lebensjahres gezahlt werden. Zwar verbietet § 75 Abs. 1 BetrVG Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale, zu denen auch das Alter gehört, benachteiligt werden. Da der Gesetzgeber die in § 1 AGG geregelten Benachteiligungsverbote in § 75 Abs. 1 BetrVG übernommen hat, ist die unterschiedliche Behandlung der Betriebsangehörigen aus einem in § 1 AGG genannten Grund jedoch unter den im AGG normierten Voraussetzungen zulässig. Sind diese erfüllt, ist auch der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt. Nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG können die Betriebsparteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung vorsehen, in der sie die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigen, oder auch Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausschließen, weil diese, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld I, rentenberechtigt sind. Der Gesetzgeber ist bei dieser Regelung davon ausgegangen, dass die den Arbeitnehmern durch den Verlust ihres Arbeitsplatzes drohenden Nachteile maßgeblich durch die Aussichten, alsbald einen neuen vergleichbaren Arbeitsplatz zu finden, bestimmt werden. Damit hat er in § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG berücksichtigt, dass ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt typischerweise größere Schwierigkeiten haben als jüngere. Dies liegt im allgemeinen sozialpolitischen Interesse und nicht nur im rein individuellen Interesse der Arbeitgeber an einer Kostenreduzierung oder der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit. Diese Vorschrift verstößt deshalb nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der Europäischen Union. Die konkrete Sozialplanregelung, die neben dem aus Betriebszugehörigkeit und Monatsverdienst errechneten Sockelbeitrag einen Alterszuschlag iHv. 15.000,00 Euro für Mitarbeiter ab 45 Jahren und iHv. 25.000,00 Euro für Mitarbeiter ab 50 Jahren vorsieht, trägt dem mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verfolgten Ziel angemessen Rechnung. Die Betriebsparteien haben damit in vertretbarer Weise darauf abgestellt, dass die Arbeitsmarktchancen von Arbeitnehmern in der zweiten Hälfte des Berufslebens typischerweise sinken. Die gewählten Pauschalbeträge erscheinen zwar holzschnittartig, halten sich aber noch im Rahmen des Gestaltungsspielraums der Betriebsparteien. Die Betriebsparteien können nach dem Urteil des Ersten Senats vom 7. Juni 2011 (- 1 AZR 34/10 -) in einem Sozialplan Arbeitnehmer von der Zahlung einer Abfindung ausnehmen, wenn sie wegen des Bezugs einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt sind und mit der Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit auch nicht zu rechnen ist. Konkretisiert dies der Sozialplan in der Weise, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, wenn der Arbeitnehmer am maßgeblichen Stichtag mehr als drei Jahre arbeitsunfähig war und mehr als drei Jahre volle Erwerbsminderungsrente bezogen hat, führt dies zwar zu einer unmittelbaren Ungleichbehandlung behinderter und nicht behinderter Beschäftigter iSd. § 3 Abs. 1 AGG, weil der Ausschlusstatbestand in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem durch die RL 2000/78/EG und § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorgegebenen Verständnis einer Behinderung steht. Gleichwohl verstößt eine solche Sozialplanregelung nicht gegen das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung aus § 75 Abs. 1 BetrVG, weil diese Ungleichbehandlung keine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG darstellt. Eine solche liegt nur dann vor, wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in vergleichbarer Situation. Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Dies ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht allgemein und abstrakt, sondern spezifisch und konkret von den nationalen Gerichten im Einzelfall anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistungen festzustellen. Danach bestand zwischen dem Kläger, der zum Stichtag mehr als drei Jahre arbeitsunfähig war und volle Erwerbsminderungsrente bezog, und den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern im Hinblick auf die erfolgte Betriebsschließung keine vergleichbare Situation. Während diese infolge des Verlustes der Arbeitsplätze ihren Arbeitsverdienst verloren, erhielt der Kläger bereits vor der Betriebsschließung kein Arbeitsentgelt mehr, sondern eine Erwerbsminderungsrente. Hieran hat sich durch die Betriebsstilllegung nichts geändert. Die Sozialplanabfindung ist keine Belohnung für die in der Vergangenheit geleisteten Dienste, sondern eine zukunftsgerichtete Hilfe, die dazu dient, künftige Nachteile auszugleichen oder zu mildern, die als Folge einer Betriebsänderung entstehen.

Der Konzernbetriebsrat

Nach § 54 Abs. 1 BetrVG kann für einen Konzern (§ 18 Abs. 1 AktG) durch Beschlüsse der Gesamtbetriebsräte oder – unter den Voraussetzungen des § 54 Abs. 2 BetrVG – der Betriebsräte ein Konzernbetriebsrat errichtet werden.

Dabei bestimmt das Betriebsverfassungsgesetz nicht selbst, wann ein Konzern besteht und welche Unternehmen ihm angehören. § 54 Abs. 1 BetrVG verweist vielmehr auf § 18 Abs. 1 AktG, wonach ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen einen sogenannten Unterordnungskonzern bilden, wenn sie unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst sind. Die Abhängigkeit ist üblicherweise gesellschaftsrechtlich vermittelt. Der Siebte Senat konnte in seinem Beschluss vom 9. Februar 2011 (- 7 ABR 11/10 -) offenlassen, ob sie auch auf andere Weise begründet werden kann. Sofern dies überhaupt angenommen würde, müsste die anderweitig begründete Abhängigkeit mit der gesellschaftsrechtlich vermittelten zumindest gleichwertig sein. Das herrschende Unternehmen müsste über die rechtlich verstetigte Möglichkeit verfügen, grundsätzlich alle unternehmensrelevanten Entscheidungen des abhängigen Unternehmens zu steuern. Die Möglichkeit, Teilbereiche des anderen Unternehmens zu beeinflussen, würde nicht ausreichen. Derart umfassende, rechtlich verstetigte Einflussmöglichkeiten waren in dem zu entscheidenden Streitfall nicht gegeben. Der Senat hat ferner entschieden, dass für einen Konzern grundsätzlich nur ein – beim herrschenden Unternehmen angesiedelter – Konzernbetriebsrat errichtet werden kann. Die Bildung mehrerer nebeneinander bestehender Konzernbetriebsräte ist gesetzlich ebenso wenig vorgesehen wie die Errichtung eines Konzernbetriebsrats für einen Teil des Konzerns. Die gesetzliche Betriebsverfassung kennt keinen „SpartenKonzernbetriebsrat“. Die in dem Streitfall vorgenommene Errichtung eines „Konzernbetriebsrats“ für den Bereich des Rettungsdienstes eines DRK-Landesverbands war daher nicht möglich.

Mitbestimmung bei Ein- und Umgruppierung

Wie der Siebte Senat mit Beschluss vom 12. Januar 2011 (- 7 ABR 34/09 -) entschieden hat, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat beteiligen, wenn er Arbeitnehmer den Entgeltgruppen des Entgeltrahmen-Tarifvertrags für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg vom 16. September 2003 (ERA-TV) zuordnet.

Es handelt sich dabei um eine nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Eingruppierung. Eine Ein- oder Umgruppierung im Sinne dieser Bestimmung ist die rechtliche Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer einer bestimmten Gruppe einer Vergütungsordnung oder einer von mehreren Vergütungsordnungen zugeordnet ist. Dagegen ist die abstrakte Bewertung einer Stelle, eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit selbst keine der Mitbestimmung nach § 99 BetrVG unterfallende personelle Einzelfallmaßnahme. Daher besteht bei der Bewertung und Einstufung von Arbeitsaufgaben nach dem im ERA-TV festgelegten Verfahren kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Der Arbeitgeber hat aber darüber hinaus dem Beschäftigten und dem Betriebsrat nach § 9.2 ERA-TV die sich aufgrund der Einstufung der Arbeitsaufgabe ergebende Entgeltgruppe mitzuteilen. Das setzt zwingend die Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Entgeltgruppe sowie die damit einhergehende Einschätzung des Arbeitgebers voraus, dass der Arbeitnehmer die einer bestimmten Bewertung und Einstufung entsprechende Arbeitsaufgabe ausführt. Hierin liegt die nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Ein- oder Umgruppierung. Das Mitbestimmungsrecht entfällt nicht deshalb, weil die Beurteilung des Arbeitgebers und demzufolge die Mitbeurteilung des Betriebsrats aufgrund der konkreten Vorgaben der Vergü-tungsordnung stark eingeschränkt sind. Die Tarifvertragsparteien des ERA-TV haben das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen auch nicht etwa beseitigt. Das Betriebsverfassungsgesetz enthält Mindestbestimmungen über die Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Die Tarifvertragsparteien können diese nicht wirksam ausschließen, sofern nicht das Betriebsverfassungsgesetz selbst eine solche Möglichkeit – etwa nach § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG – vorsieht. Der Siebte Senat hat mit Beschluss vom 4. Mai 2011 (- 7 ABR 10/10 -) seine ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach der Betriebsrat in Fällen, in denen der Arbeitgeber die gebotene Ein- oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers unterlässt, in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen kann, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung vorzunehmen, ihn um Zustimmung zu ersuchen und im Falle der beachtlichen Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten. Die Verpflichtung zur Ein- und Umgruppierung setzt eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung voraus. Woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt, ist unerheblich. Sie kann in einem Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig beschlossen sein. Für die betriebliche Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 BetrVG kommt es nicht auf einen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf die Anwendung des Tarifvertrags, sondern darauf an, ob die Vergütungsordnung im Betrieb gilt. Allerdings gilt eine tarifliche Vergütungsordnung für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer nicht unmittelbar und zwingend (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Dies bedeutet aber nicht, dass deshalb die betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung dieser Arbeitnehmer entfiele. Es geht bei der Pflicht des Arbeitgebers zur Ein- oder Umgruppierung – jedenfalls primär – nicht um die Prüfung individueller Vergütungsansprüche, sondern um die Beachtung der kollektiv geltenden Vergütungsordnung. Der Senat hat nicht entscheiden, welche Wirkung auf die individuellen Ansprüche des einzelnen Arbeitnehmers die betriebsverfassungsrechtlich gebotene Eingruppierung hat, die der Arbeitgeber mit – unmittelbar erteilter oder vom Arbeitsgericht ersetzter  Zustimmung des Betriebsrats vornimmt. Jedenfalls folgt aus der Pflicht des Arbeitgebers, auch nicht tarifgebundene Arbeitnehmer in die in seinem Betrieb geltende tarifliche Vergütungsordnung einzugruppieren, nicht ohne Weiteres ein mit der Eingruppierung korrespondierender Anspruch dieser Arbeitnehmer.

Kosten des Betriebsrats

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die erforderlichen Aufwendungen einzelner Betriebsratsmitglieder, die diesen durch die Wahrnehmung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben entstehen (vgl. nur BAG 16. Januar 2008 – 7 ABR 71/08 -).

Das Betriebsratsmitglied hat nach einer Entscheidung des Siebten Senats vom 23. Juni 2010 (- 7 ABR 103/08 -) grundsätzlich keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten, die dem Bereich seiner persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind oder durch eine persönlich veranlasste Pflichtenkollision entstehen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Erfüllung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben mit der
Pflicht eines Betriebsratsmitglieds zur Pflege und Betreuung minderjähriger Kinder kollidiert. In diesem Fall ist bei der Auslegung von § 40 Abs. 1 BetrVG die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG zu beachten. Diese führt dazu, dass ein Betriebsratsmitglied vom Arbeitgeber in angemessener Höhe die Erstattung von Aufwendungen für die Fremdbetreuung minderjähriger Kinder verlangen kann, wenn es die Pflichtenkollision zwischen seinen gesetzlichen Betriebsratsaufgaben und der sowohl grundrechtlich als auch einfachgesetzlich in § 1626 Abs. 1, § 1631 Abs. 1 BGB normierten Pflicht zur Pflege, Erziehung und Beaufsichtigung der Kinder anders in zumutbarer Weise nicht lösen kann. War ein Familienmitglied bereit und in der Lage, die Kinder kostenlos zu betreuen, scheidet ein Erstattungsanspruch aus. Kinderbetreuungskosten für Zeiten, in denen das Betriebsratsmitglied ohne die Erfüllung von Betriebsratsaufgaben zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen wäre oder in denen der Arbeitgeber Mehrarbeit hätte verlangen können, hat der Arbeitgeber ebenfalls nicht zu erstatten. Bei diesen handelt es sich nicht um Aufwendungen, die gerade durch die Betriebsratstätigkeit entstanden sind.

Mitbestimmung und Mitwirkung des Betriebsrats

Schließen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über eine betriebliche Vergütungsordnung, liegt darin nach einem Urteil des Ersten Senats vom 22. Juni 2010 (- 1 AZR 853/08 -) zugleich die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in der Vereinbarung zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze.

Die Beendigung der Betriebsvereinbarung führt deswegen regelmäßig nicht zum ersatzlosen Fortfall der bisher im Betrieb geltenden Vergütungsstruktur. Es endet lediglich die gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG zwingende Wirkung der Entlohnungsgrundsätze. Infolgedessen bedarf deren Änderung auch nach Ablauf der Betriebsvereinbarung der Zustimmung des Betriebsrats oder einer ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle nach § 87 Abs. 2 BetrVG. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der nicht tarifgebundene Arbeitgeber entgegen den Regelungen einer Betriebsvereinbarung eine jährliche Monatszuwendung sukzessive abgesenkt und zuletzt nur noch in Höhe eines halben Bruttoentgelts gezahlt. Diese Maßnahme hätte der Mitbestimmung des Betriebsrats bedurft, weil in der durch die Betriebsvereinbarung festgelegten Gesamtvergütung für alle Beschäftigte gleich hohe Vergütungsbestandteile enthalten waren und sich deshalb durch die Absenkung der Monatszuwendung der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander änderte. Da der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht beachtet hatte, konnten die betroffenen Arbeitnehmer nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze verlangen. Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird in einem solchen Fall von Gesetzes wegen durch die Verpflichtung des Arbeitgebers ergänzt, die Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten.

Haben die Betriebsparteien in einem Sozialplan die wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern durch eine Betriebsänderung entstehen, angemessen ausgeglichen, können sie in einer weiteren freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG zusätzlich zu den bestehenden Sozialplanleistungen finanzielle Anreize zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags vereinbaren. Dies hat der Erste Senat in einem Urteil vom 18. Mai 2010 (- 1 AZR 187/09 -) entschieden. Im Streitfall enthielt die freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung eine Stichtagsregelung, nach der nur die Arbeitnehmer ein Angebot auf Zahlung einer zusätzlichen Abfindung erhielten, die bei Inkrafttreten der Vereinbarung noch keinen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten. Diese Differenzierung verstieß nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG. Die Gesamtbetriebsvereinbarung unterlag nicht den für Sozialpläne aus § 112 Abs. 1 BetrVG folgenden Regelungsbeschränkungen (vgl. dazu BAG 19. Februar 2008 – 1 AZR 1004/06 -). Die Betriebsparteien können in der freiwilligen Betriebsvereinbarung Regelungen treffen, die dazu dienen, das arbeitgeberseitige Interesse an einem zügigen Personalabbau durch einvernehmliche Vertragsbeendigungen zu verwirklichen. In Anbetracht dieser Anreizfunktion durften sie auch diejenigen Arbeitnehmer ausschließen, die zur einvernehmlichen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses keines weiteren Anreizes mehr bedurften. Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, wonach der Arbeitgeber bei der Verletzung von Mitbestimmungsrechten eine Vertragsstrafe an einen Dritten zu zahlen hat, ist nach einem Beschluss des Ersten Senats vom 19. Januar 2010 (- 1 ABR 62/08 -) unwirksam. Eine solche Vertragsstrafenabrede widerspricht zwingenden Grundsätzen zur Gewährleistung der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung. Das BetrVG weist dem Betriebsrat die Aufgabe zu, auf die Einhaltung dieser Ordnung hinzuwirken. Dabei stellt es deren Durchsetzung in das pflichtgemäße Ermessen des Betriebsrats. Kommt der Arbeitgeber einer gerichtlichen Entscheidung nicht nach, haben ihn die Arbeitsgerichte auf Antrag des Betriebsrats durch Ordnungs- oder Zwangsgeld zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuhalten. Die beigetriebenen Ordnungs- bzw. Zwangsgelder verfallen der Staatskasse. Dies sichert die äußere Unabhängigkeit der Amtsführung des Betriebsrats. Das Vertragsstrafeversprechen zielt dagegen nicht auf die Wiederherstellung eines betriebsverfassungsgemäßen Zustands, sondern hat reinen Strafcharakter. Dass der Arbeitgeber von der Beteiligung des Betriebsrats gegen Zahlung der vereinbarten Strafe absehen kann, kommt einem „Abkauf“ gesetzlicher Rechte gleich. Durch die finanzielle Begünstigung Dritter kann zudem der Eindruck entstehen, der Betriebsrat mache die Wahrnehmung seiner Rechte von sachfremden Erwägungen abhängig.

Durchführungsanspruch

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die Durchführung einer Betriebsvereinbarung verlangen (vgl. BAG 24. Februar 1987 – 1 ABR 18/85 -). Dies setzt nach einer Entscheidung des Ersten Senats vom 18. Mai 2010 (- 1 ABR 6/09 -) voraus, dass der Betriebsrat selbst Partei der Betriebsvereinbarung ist oder ihm durch die Betriebsvereinbarung ausdrücklich eigene Rechte eingeräumt werden.

Der örtliche Betriebsrat hat daher keinen eigenen Anspruch auf Durchführung von Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarungen, die der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat in originärer Zuständigkeit mit dem Arbeitgeber abgeschlossen hat. Er kann die Einhaltung der durch diese Vereinbarungen gestalteten betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung nur nach § 23 Abs. 3 BetrVG erzwingen. Etwas anderes gilt bei einer Delegation der Regelungsbefugnis gemäß § 50 Abs. 2, § 58 Abs. 2 BetrVG. Da der beauftragte Gesamt- oder Konzernbetriebsrat in diesen Fällen als Vertreter tätig wird, steht der Durchführungsanspruch den beauftragenden Betriebsräten zu.