Betriebsverfassungsrecht

Das Betriebsverfassungsgesetz regelt die Mitbestimmung von Arbeitnehmern im Betrieb/Unternehmen. Die Beschäftigten werden gegenüber dem Arbeitgeber durch den Betriebsrat vertreten.

Bildung von Betriebsräten

Der Betriebsrat wird von den Arbeitnehmern des Betriebs gewählt. Die Initiative zur Organisation einer Betriebsratswahl ist ausschließlich Sache der Mitarbeiter. Der Arbeitgeber muss und darf selbst keinen Betriebsrat installieren. Die Kosten der Wahl muss der Arbeitgeber tragen. In Betrieben mit in der Regel fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, können Betriebsräte gebildet werden.

Zusammensetzung des Betriebsrats

Die frühere Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten wird heute nicht mehr getroffen. Wenn der Betriebsrat aus mehr als drei Personen besteht, muss das Geschlecht, das im Betrieb in der Minderheit ist, mindestens entsprechend seinem Anteil in der Belegschaft im Betriebsrat vertreten sein.
Darüber hinaus soll sich der Betriebsrat möglichst aus Arbeitnehmern der einzelnen Organisationsbereiche und der verschiedenen Beschäftigungsarten der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer zusammensetzen. Wenn ein Unternehmen mehrere Betriebe mit Betriebsräten hat, sieht das Betriebsverfassungsgesetz die Bildung eines Gesamtbetriebsrats vor. Bestehen in einem Konzern mehrere Gesamtbetriebsräte, so ist ein Konzernbetriebsrat zu errichten.

Wahlvorstand

Der Wahlvorstand hat die Aufgabe, die Wahl des Betriebsrats vorzubereiten und durchzuführen. Er besteht in der Regel aus drei wahlberechtigten Arbeitnehmern. In Betrieben, in denen es noch keinen Betriebsrat gibt, wird der Wahlvorstand in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer gewählt. Findet trotz Einladung keine Betriebsversammlung statt oder wählt die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand, so hat ihn das Arbeitsgericht zu bestellen, wenn dies mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft beantragen. Besteht in einem Betrieb eines Unternehmens oder eines Konzerns kein Betriebsrat, so kann dort auch ein bestehender Gesamt- oder Konzernbetriebsrat den Wahlvorstand bestellen (“Mentorenprinzip”).

Besteht bereits ein Betriebsrat, so hat dieser den Wahlvorstand und dessen Vorsitzenden spätestens zehn Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrates zu bestellen. Besteht nach acht Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit noch kein Wahlvorstand, bestellt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei Wahlberechtigten oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft. Gibt es einen Gesamtbetriebsrat, kann auch dieser den Wahlvorstand bestellen.

Betriebsratsgröße

Die Zahl der Betriebsratsmitglieder ist gesetzlich wie folgt geregelt.

5 bis 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer eine Person
21 bis 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer 3 Mitglieder
51 bis 100 wahlberechtigte Arbeitnehmer 5 Mitglieder
101 bis 200 wahlberechtigte Arbeitnehmer 7 Mitglieder
201 bis 400 wahlberechtigte Arbeitnehmer 9 Mitglieder
401 bis 700 wahlberechtigte Arbeitnehmer 11 Mitglieder
701 bis 1000 wahlberechtigte Arbeitnehmer 13 Mitglieder
1001 bis 1500 wahlberechtigte Arbeitnehmer 15 Mitglieder
1501 bis 2000 wahlberechtigte Arbeitnehmer 17 Mitglieder

usw.

Wahlen

Betriebsratswahlen finden alle vier Jahre gleichzeitig in allen Betrieben in der Zeit vom 01.03. bis 31.05. statt. Die nächsten Wahlen sind im Frühjahr 2010. Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Außerhalb des genannten Zeitraums ist der Betriebsrat zu wählen, wenn

  • mit Ablauf von 24 Monaten, vom Tag der Wahl an gerechnet, die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, zumindest aber um fünfzig, gestiegen oder gesunken ist,
  • die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken ist,
  • der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt erklärt hat,
  • die Betriebsratswahl mit Erfolg angefochten ist,
  • der Betriebsrat durch eine gerichtliche Entscheidung aufgelöst ist oder
  • im Betrieb ein Betriebsrat bisher nicht bestanden hat.

Wenn außerhalb des vierjährigen Turnus eine Betriebsratswahl stattfindet, werden die Betriebsratsmitglieder lediglich für die Restlaufzeit gewählt. Wenn die Amtszeit des Betriebsrats bis zum turnusmäßigen Wahltermin kein Jahr betragen würde, ist erst bei der übernächsten regelmäßigen Wahl ein neuer Betriebsrat zu wählen.

Wer ist wählbar?

Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die sechs Monate dem Betrieb angehören. Auch ausländische Arbeitnehmer und Heimarbeiter, die hauptsächlich für den Betrieb arbeiten, sind wählbar. Die Mitgliedschaft im Wahlvorstand hindert die Wählbarkeit nicht. Besteht der Betrieb weniger als sechs Monate, so sind abweichend diejenigen Arbeitnehmer wählbar, die bei der Einleitung der Betriebsratswahl im Betrieb beschäftigt sind und die übrigen Voraussetzungen für die Wählbarkeit erfüllen.

Vereinfachtes Wahlverfahren für Kleinbetriebe

In Kleinbetrieben mit 5 bis 50 Arbeitnehmern wird der Betriebsrat in einem vereinfachten zweistufigen Wahlverfahren gewählt.

  • In einer ersten Wahlversammlung wird der Wahlvorstand gewählt.
  • In einer zweiten Wahlversammlung – eine Woche nach der ersten Wahlversammlung – wird der Betriebsrat in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt. Für Wahlvorschläge, die erst in der zweiten Wahlversammlung gemacht werden, ist keine Schriftform erforderlich.

Auch in Betrieben mit 51 – 100 Arbeitnehmern können Wahlvorstand und Arbeitgeber dieses zweistufige Wahlverfahren miteinander vereinbaren.

Rolle des Arbeitgebers

Behinderungen oder Beeinflussungen der Betriebsratswahl durch den Arbeitgeber sind verboten. Die Initiatoren einer Betriebsratswahl können verlangen, dass der Arbeitgeber an der Einladung zur Betriebsversammlung mitwirkt. Sie sind berechtigt, Anschläge mit der Einladung in den Betriebsräumen anzubringen bzw. Arbeitnehmer, die nicht regelmäßig in den Betriebsräumen arbeiten oder erreichbar sind, auf Betriebskosten eine Einladung zukommen zu lassen.

Nach dem Gesetz sollen sich Arbeitgeber und Betriebsrat mindestens einmal im Monat treffen, um insbesondere strittige Fragen zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen. Generell ist der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend vom Arbeitgeber zu unterrichten.

Darüber hinaus hat der Betriebsrat in jedem Kalendervierteljahr zu einer Betriebsversammlung einzuladen. Der Arbeitgeber muss mindestens einmal im Kalenderjahr auf einer Betriebsversammlung über das Personal- und Sozialwesen des Betriebs und über seine wirtschaftliche Lage berichten.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, gegenüber dem Betriebsrat auch über die Beschäftigung von im Betrieb beschäftigten Personen zu berichten, die nicht in einem Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber stehen (§ 80 Abs. 2 BetrVG), wie z.B. Leiharbeitnehmer und freie Mitarbeiter.

Grundsätze der Zusammenarbeit

Das Betriebsverfassungsgesetz sieht vor, dass Arbeitgeber und Betriebsrat unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammenarbeiten. Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sind unzulässig.

Aufgaben und Mitwirkung des Betriebsrats

Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:

  • darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden;
  • Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen;
  • Förderung der Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern;
  • Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf;
  • Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und durch Verhandlung mit dem Arbeitgeber auf Erledigung hinwirken;
  • Förderung der Eingliederung Schwerbehinderter und anderer schutzbedürftiger Personen;
  • Vorbereitung und Durchführung der Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung;
  • Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb;
  • Förderung der Integration ausländischer Arbeitnehmer im Betrieb und des Verständnisses zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmern, sowie Beantragung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb;
  • Förderung und Sicherung der Beschäftigung im Betrieb;
  • Förderung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes.
Beteiligungsrechte des Betriebsrats

Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, Mitwirkungs- bzw. Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten, bei der Berufsausbildung und Personalplanung, bei personellen Einzelmaßnahmen sowie in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Die Bandbreite der Beteiligungsrechte reicht vom Unterrichtungsrecht bis zum zwingenden Mitbestimmungsrecht, so ist der Betriebsrat z.B. vor jeder Kündigung zu hören.
Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.

Ausschussbildung

Hat ein Betriebsrat neun oder mehr Mitglieder, hat er einen Betriebsausschuss zu bilden. Dieser führt die laufenden Geschäfte des Betriebsrats. Der Betriebsrat kann dem Ausschuss mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder bestimmte Aufgaben zur selbstständigen Erledigung übertragen; dies gilt nicht für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen. Betriebsräte mit weniger als neun Mitgliedern können die laufenden Geschäfte auf den Vorsitzenden des Betriebsrats oder andere Betriebsratsmitglieder übertragen.

In Unternehmen, die über einen Betriebsrat verfügen und mindestens 101 Arbeitnehmer ständig beschäftigen, wobei es auf deren Wahlberechtigung nicht ankommt, muss außerdem ein Wirtschaftsausschuss gebildet werden. Er berät wirtschaftliche Angelegenheiten, insbesondere die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens, das Produktions- und Investitionsprogramm, Rationalisierungsvorhaben, Fragen des betrieblichen Umweltschutzes, usw. Darüber hinaus kann der Betriebsrat in Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern weitere Ausschüsse bilden und ihnen bestimmte Aufgaben übertragen.

Arbeitsgruppenbildung

In Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat einzelne Beteiligungsrechte und Aufgaben an Arbeitsgruppen delegieren. Die Arbeitsgruppe kann im Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben mit dem Arbeitgeber Vereinbarungen abschließen. Allerdings soll die Übertragung von Aufgaben an Arbeitsgruppen nur nach Maßgabe einer mit dem Arbeitgeber abgeschlossenen Rahmenvereinbarung erfolgen. Offen ist, ob die Arbeitsgruppe auch ohne eine solche Rahmenvereinbarung, in der beispielsweise die Zahl der Teilnehmer, Häufigkeit der Sitzungen, etc. geregelt ist, tätig werden kann.

Freistellung von Betriebsräten

Betriebsräte nehmen ein unentgeltliches Ehrenamt wahr. Wenn und soweit dies nach Umfang und Art des Betriebes zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratsarbeit erforderlich ist, sind Betriebsräte von ihrer beruflichen Tätigkeit zu befreien. In dieser Zeit ist der Lohn einschließlich der Zuschläge und Zulagen fortzuzahlen. Sofern Betriebsratsmitglieder aus betriebsbedingten Gründen Betriebsratsarbeit außerhalb der Arbeitszeit leisten, haben sie Anspruch auf einen Ausgleich durch bezahlte Freizeit. Betriebsbedingte Gründe liegen beispielsweise vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Dies gilt auch für Betriebsratsschulungen, etc.

Der Freizeitausgleich ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren. Ist das aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, muss die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit vergütet werden. In Betrieben mit 200 oder mehr Arbeitnehmern ist eine bestimmte Anzahl von Betriebsratsmitgliedern von ihrer Tätigkeit ohne Kürzung des Entgelts völlig freizustellen. Nach Beratung mit dem Arbeitgeber bestimmt der Betriebsrat die freizustellenden Mitglieder. Wenn der Arbeitgeber die vorgenommene Auswahl für sachlich nicht vertretbar hält, kann er innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen, die dann verbindlich entscheidet.

Ausstattung und Finanzierung des Betriebsrats

Die moderne Informations- und Kommunikationstechnik wird im Gesetz ausdrücklich als erforderliches Arbeitsmittel der Betriebsräte genannt. Das Gesetz sieht auch vor, dass der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt. Für Sitzungen, Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber im erforderlichen Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.

Besondere Schutzrechte für Betriebsratsmitglieder

Für Betriebsratsmitglieder besteht ein besonderer Schutz vor einer Versetzung, wenn dies zum Verlust des Mandats oder der Wählbarkeit führen würde. Mitglieder des Betriebsrats können grundsätzlich nicht gekündigt werden. Eine Ausnahme gilt im Fall der Betriebsstilllegung. Ist von der Stilllegung nur eine Betriebsabteilung betroffen, sind die dort beschäftigten Betriebsräte in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen, soweit dies aus betrieblichen Gründen möglich ist.

Eine außerordentliche Kündigung wegen schwerer Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten ist auch gegenüber Betriebsratsmitgliedern zulässig. Sie bedarf aber der vorigen Zustimmung des Betriebsrats. Wird diese nicht erteilt, kann der Arbeitgeber sie durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen. Ersatzmitglieder genießen den vollen Schutz des Kündigungsverbots erst, wenn sie zeitweilig (für die Dauer der Vertretung) oder endgültig an die Stelle eines verhinderten oder ausgeschiedenen Betriebsratsmitglieds getreten sind. Das Kündigungsverbot gilt auch noch innerhalb eines Jahres nach dem Ende der Amtszeit des gesamten Betriebsrats oder des einzelnen Mitglieds.

Aufgaben des Gesamtbetriebsrats

Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für Fragen, die das Gesamtunternehmen oder zumindest mehrere Betriebe betreffen und die nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Voraussetzung für sein Tätigwerden ist also das Erfordernis einer einheitlichen Regelung im Unternehmen oder zumindest für mehrere Betriebe. Seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit also auch auf Betriebe ohne Betriebsrat. Für betriebsratslose Betriebe des Unternehmens fehlt ihm ansonsten die Legitimation – er wird nicht zum “Ersatzbetriebsrat”.

Der Gesamtbetriebsrat ist den einzelnen Betriebsräten nicht übergeordnet. Jedoch kann der Betriebsrat mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Gesamtbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln. Er kann sich dabei die Entscheidungsbefugnis vorbehalten.

Einigungsstelle

Arbeitgeber und Betriebsrat können zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten, z.B. über Regelungen der betrieblichen Arbeitszeit, der Aufstellung von betrieblichen Grundsätzen der Urlaubsgewährung oder der Ausgestaltung vorhandener betrieblicher Sozialeinrichtungen eine Einigungsstelle im Betrieb errichten. Eine gesetzliche Verpflichtung dazu gibt es nicht. Mit einer Einigungsstelle sollen betriebliche Angelegenheiten auf betrieblicher Ebene geregelt und damit arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden.

Betriebsvereinbarungen

Betriebsvereinbarungen bieten die Möglichkeit, betriebliche Angelegenheiten durch Vereinbarung zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat zu regeln. Fehlt ein Betriebsrat, scheidet der Abschluss einer Betriebsvereinbarung von vornherein aus. Regelungen betrieblicher Angelegenheiten können dann nur durch die Aufnahme in die einzelnen Arbeitsverhältnisse erfolgen. Sofern Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden, wirken diese einheitlich für alle Arbeitnehmer des Betriebs.

Jugend- und Auszubildendenvertretung

Für Jugendliche und Auszubildende sieht das Gesetz eine eigene Vertretung vor. Der Betriebsrat muss die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorbereiten und durchführen. Das vereinfachte Wahlverfahren gilt auch für die Jugend- und Auszubildendenvertretung. In Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern hat die Jugend- und Auszubildendenvertretung das Recht, eigene Ausschüsse zu bilden. Sie kann auch die Übernahme von Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis beim Betriebsrat beantragen.

Gewerkschaft

Der Betriebsrat ist kein Organ der Gewerkschaft. Die Aufgaben der Gewerkschaften sind von denen der Betriebsräte klar zu trennen. Die Gewerkschaften vertreten die Interessen ihrer Mitglieder, vor allem gegenüber den Arbeitgeberverbänden. Die Betriebsräte nehmen die Interessen aller Arbeitnehmer des Betriebs in innerbetrieblichen Angelegenheiten gegenüber dem Arbeitgeber wahr. Gewerkschaften und Betriebsräte sind institutionell voneinander unabhängig.

Weitere Information

Die Veröffentlichung von Merkblättern ist ein Service der IHK Nord Westfalen für ihre rund 130.000 Mitgliedsunternehmen. Die Merkblätter enthalten nur erste Hinweise und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.

Unzureichende Berücksichtigung des Lebensalters als Fehler bei der Sozialauswahl

Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 KSchG gekündigt worden, ist die Kündigung trotzdem nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers neben weiteren im Gesetz genannten sozialen Aspekten das Lebensalter des Arbeitnehmers nicht ausreichend berücksichtigt hat.

Die Regelung zielt darauf ab, ältere Arbeitnehmer bei Kündigungen zu schützen. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG kann die Sozialauswahl zur Sicherung einer ausgewogenen Altersstruktur auch innerhalb von Altersgruppen – etwa der der 21 bis 30 Jahre alten, der der 31 bis 40 Jahre alten Arbeitnehmer usf. – vorgenommen werden. Das Lebensalter ist dann nur im Rahmen der jeweiligen Gruppe von Bedeutung. Der Altersaufbau der Belegschaft bleibt auf diese Weise weitgehend erhalten. Nach dem Urteil des Zweiten Senats vom 15. Dezember
2011 (- 2 AZR 42/10 -) verstößt der gesetzliche Regelungskomplex der Sozialauswahl nicht gegen das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung und dessen Ausgestaltung durch die Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000. Er führt zwar zu einer unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters. Diese ist aber durch rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik und Arbeitsmarkt im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Buchst. a) der Richtlinie gerechtfertigt. Einerseits tragen die Regelungen den mit steigendem Lebensalter regelmäßig sinkenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt Rechnung. Andererseits wirken sie durch die Möglichkeit der Bildung von Altersgruppen der ausschließlich linearen Berücksichtigung des ansteigenden Lebensalters und einer mit ihr einhergehenden Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer entgegen. Das Ziel, ältere Arbeitnehmer zu schützen, und das Ziel, die berufliche Eingliederung jüngerer Arbeitnehmer sicherzustellen, werden zu einem angemessenen Ausgleich gebracht. Dies dient zugleich der sozialpolitisch erwünschten Generationengerechtigkeit und der Vielfalt im Bereich der Beschäftigung. Der Senat brauchte den Gerichtshof der Europäischen Union nicht um Vorabentscheidung zu ersuchen. Die uni-
onsrechtliche Lage ist durch mehrere Entscheidungen des Gerichtshofs aus den letzten Monaten hinreichend geklärt. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat auf dieser Grundlage – wie schon die Vorinstanzen – die Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin abgewiesen, die ua. die Bildung und den Zuschnitt von Altersgruppen in einer Auswahlrichtlinie von Arbeitgeberin und Betriebsrat gerügt hatte.

Eintrittsgehaltsbemessung nach Alter

In einem Rechtsstreit, in dem der Kläger unter Verweis auf seine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters Vergütung nach der für ihn höchsten Lebensaltersstufe des § 27 BAT begehrt, hatte der Sechste Senat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 (- 6 AZR 148/09(A) -) den Rechtsstreit ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung ersucht.

Dieser hat mit Urteil vom 8. September 2011 (- C-298/10 – [Mai]) entschieden, dass das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert und durch die RL 2000/78/EG konkretisiert worden ist, und insbesondere die Art. 2 und 6 Abs. 1 dieser Richtlinie dahingehend auszulegen sind, dass sie einer in einem Tarifvertrag vorgesehenen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen, wonach sich innerhalb der jeweiligen Vergütungsgruppe die Grundvergütung eines Angestellten im öffentlichen Dienst bei dessen Einstellung nach seinem Alter bemisst. Insoweit beeinträchtigt die Tatsache, dass das Unionsrecht der betreffenden Maßnahme entgegensteht und dass diese in einem Tarifvertrag enthalten ist, nicht das in Art. 28 der Grundrechte-Charta anerkannte Recht, Tarifverträge auszuhandeln und zu schließen. In dem darauf ergangenen Urteil vom 10. November 2011 (- 6 AZR 148/09 -) hat der Sechste Senat deshalb in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen der Klage stattgegeben. Der Sechste Senat hatte mit Beschluss vom 20. Mai 2010 (- 6 AZR 319/09 (A) -) ein
weiteres Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung gebeten. Dabei ging es um die Frage, ob sich die – möglicherweise – im BAT enthaltene Altersdiskriminierung in dem zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen
TVöD fortsetzt. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 8. September 2011 (- C-297/10 – [Hennigs]) entschieden, dass die Art. 2 und 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG sowie Art. 28 der Grundrechte-Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer in einem
Tarifvertrag vorgesehenen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegenstehen, mit der ein Vergütungssystem, das zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, durch ein auf objektive Kriterien gestütztes Vergütungssystem ersetzt
wird und zugleich für einen befristeten Übergangszeitraum einige der diskriminierenden Auswirkungen des erstgenannten Systems bestehen bleiben, um für die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis bestehenden Angestellten den Übergang zum neuen
System ohne Einkommensverluste zu gewährleisten. Der Sechste Senat hat in seinem Urteil vom 8. Dezember 2011 (- 6 AZR 319/09 -) die Einstufungsklage der Klägerin aufgrund der bei Überleitung zutreffend diskriminierungsfrei herangezogenen Lebensaltersstufe in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen abgewiesen.

Rücktritt vom Aufhebungsvertrag wegen Nichtleistung

Ein Arbeitnehmer kann grundsätzlich von einer Aufhebungsvereinbarung gemäß § 323 Abs. 1 BGB wegen Nichtleistung zurücktreten, wenn sein Arbeitgeber die im Aufhebungsvertrag für den Verlust des Arbeitsplatzes zugesagte Abfindung nicht zahlt. Der Sechste Senat hat mit Urteil vom 10. November 2011 (- 6 AZR 357/10 -) entschieden, dass der außergerichtliche Aufhebungsvertrag, mit dem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet wird, ein gegenseitiger Vertrag iSv. § 323 BGB ist. Die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung der zugesagten Abfindung.

Diese ist bei einem außergerichtlichen, auf Initiative des Arbeitgebers zustande gekommenen Aufhebungsvertrag die Gegenleistung des Arbeitgebers für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ob die Parteien im Streitfall das Rücktrittsrecht des Klägers konkludent ausgeschlossen haben, hat der Senat offen gelassen. Die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts aus § 323 Abs. 1 BGB lagen bei Ausübung nicht vor, so dass der Senat auch nicht Stellung zu den Rechtsfolgen eines Rücktritts nehmen musste. Ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 323 Abs. 1 Alt. 1 BGB ist die Durchsetzbarkeit der Forderung. Die von § 323 BGB vorausgesetzte wechselseitige Leistungspflicht ist begriffsnotwendig ausgeschlossen, wenn der Schuldner nicht leisten muss oder auch gar nicht leisten darf, die Forderung also nicht durchsetzbar ist. Dies war im vom Senat entschiedenen Fall im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Klägers der Fall. Die Beklagte war aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO nur noch in der Lage, mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters über ihr Vermögen zu verfügen. Dieser hat unstreitig eine Zustimmung zur Zahlung verweigert. Im Übrigen stand der Durchsetzbarkeit des Abfindungsanspruchs des Klägers die „dolo-petit-Einrede“ entgegen. Der Kläger hätte mit der Zahlung der Abfindung eine Leistung gefordert, die er im Rahmen der Insolvenzanfechtung alsbald hätte zurückgewähren müssen. Im Zeitpunkt der Ausübung des Rücktrittsrechts hatte der Kläger Kenntnis vom Insolvenzeröffnungsantrag.

Altersdiskiminierung im öffentlichen Dienst

In einem Rechtsstreit, in dem der Kläger unter Verweis auf seine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters Vergütung nach der für ihn höchsten Lebensaltersstufe des § 27 BAT begehrt, hatte der Sechste Senat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 (- 6 AZR 148/09(A) -) den Rechtsstreit ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung ersucht.

Dieser hat mit Urteil vom 8. September 2011 (- C-298/10 – [Mai]) entschieden, dass das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, das in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert und durch die RL 2000/78/EG konkretisiert worden ist, und insbesondere die Art. 2 und 6 Abs. 1 dieser Richtlinie dahingehend auszulegen sind, dass sie einer in einem Tarifvertrag vorgesehenen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren  streitigen entgegenstehen, wonach sich innerhalb der jeweiligen Vergütungsgruppe die Grundvergütung eines Angestellten im öffentlichen Dienst bei dessen Einstellung nach seinem Alter bemisst. Insoweit beeinträchtigt die Tatsache, dass das Unionsrecht der betreffenden Maßnahme entgegensteht und dass diese in einem Tarifvertrag enthalten ist, nicht das in Art. 28 der Grundrechte-Charta anerkannte Recht, Tarifverträge auszuhandeln und zu schließen. In dem darauf ergangenen Urteil vom 10. November 2011 (- 6 AZR 148/09 -) hat der Sechste Senat deshalb in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen der Klage stattgegeben. Der Sechste Senat hatte mit Beschluss vom 20. Mai 2010 (- 6 AZR 319/09 (A) -) ein weiteres Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union um Vora bentscheidung gebeten. Dabei ging es um die Frage, ob sich die – möglicherweise – im BAT enthaltene Altersdiskriminierung in dem zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen TVöD fortsetzt. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 8. September 2011 (- C-297/10 – [Hennigs]) entschieden, dass die Art. 2 und 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG sowie Art. 28 der Grundrechte-Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer in einem Tarifvertrag vorgesehenen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegenstehen, mit der ein Vergütungssystem, das zu einer Diskriminierung wegen des Alters führt, durch ein auf objektive Kriterien gestütztes Vergütungssystem ersetzt wird und zugleich für einen befristeten Übergangszeitraum einige der diskriminierenden Auswirkungen des erstgenannten Systems bestehen bleiben, um für die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis bestehenden Angestellten den Übergang zum neuen System ohne Einkommensverluste zu gewährleisten. Der Sechste Senat hat in seinem Urteil vom 8. Dezember 2011 (- 6 AZR 319/09 -) die Einstufungsklage der Klägerin aufgrund der bei Überleitung zutreffend diskriminierungsfrei herangezogenen Lebensaltersstufe in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen abgewiesen.

Beendigung der Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband durch Beendigungsvereinbarung

Zu einem Blitzaustritt aus dem Arbeitgeberverband hat der Vierte Senat mit Urteil vom 18. Mai 2011 (- 4 AZR 457/09 -) entschieden, dass eine vereinsrechtlich wirksame Beendigung der Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband grundsätzlich durch eine zweiseitige Beendigungsvereinbarung zwischen dem Verband und dem bisherigen Mitglied erfolgen kann, ohne dass dabei eine satzungsmäßig vorgesehene Kündigungsfrist eingehalten werden müsste.

Es bedarf besonderer Anhaltspunkte in einer Satzung, wenn eine einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung untersagt oder nur unter bestimmten Bedingungen möglich sein soll, oder wenn nur die in der Satzung vorgesehenen Beendigungstatbestände maßgebend sein sollen. Daran fehlte es im entschiedenen Fall. Der einvernehmliche Austritt aus dem Arbeitgeberverband ohne Einhaltung der Kündigungsfrist war auch nicht tarifrechtlich nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG als eine die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie beeinträchtigende Abrede unwirksam. Dies kann der Fall sein, wenn der Wechsel nach Beginn der Verhandlungen, aber vor Unterzeichnung des Tarifvertrags erfolgte und für die an der Verhandlung beteiligte Gewerkschaft vor dem endgültigen Tarifabschluss nicht erkennbar war. Will ein Arbeitnehmer die tarifrechtliche Unwirksamkeit eines solchen Blitzaustritts geltend machen, obliegt im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast zunächst ihm der Vortrag, dass die Tarifvertragsverhandlungen bei Austritt bereits begonnen hatten und sich zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Stadium befanden, in dem eine Störung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie in Betracht kommt, sowie dass der Austritt des Arbeitgebers für die Gewerkschaft nicht transparent war. Das Vorbringen der Klägerin genügte trotz ausdrücklichen Hinweises des Landesarbeitsgerichts diesen Anforderungen nicht. Die auf Tarifabschlüsse aus der Zeit nach dem vereinbarten Verbandsaustritt gestützte Klage hatte danach keinen Erfolg. Der Vierte Senat hat sich im Beschluss vom 19. Oktober 2011 (- 4 ABR 116/09 -) mit der Frage befasst, ob das Entgeltrahmenabkommen der Metallindustrie (ERA) im Geltungsbereich der ERA-Tarifverträge Nord bei einem Arbeitgeber nach dessen Verbandsaustritt eingeführt werden muss. Die Arbeitgeberin trat zum 31. Juli 2006 aus dem beteiligten Arbeitgeberverband aus. Zu dieser Zeit galten neben den bisherigen
Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie die Einführungstarifverträge für das grundlegend neue ERA. Sie sahen vor, dass ERA betrieblich zwischen dem 1. September 2003 und dem 31. Dezember 2007 „auf freiwilliger Basis“ umgesetzt werden soll. Eine bei der Arbeitgeberin im Sommer 2007 gebildete Einigungsstelle beschloss eine Betriebsvereinbarung zur Einführung des ERA bei der Arbeitgeberin zu einem Zeitpunkt vor dem 31. Dezember 2007. Der Senat stellte die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs auf Antrag der Arbeitgeberin fest, weil die Arbeitgeberin zum Zeitpunkt seines beabsichtigten Inkrafttretens nicht zur betrieblichen Einführung von ERA gezwungen war. Deshalb bestand insoweit auch kein, zumindest noch kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, das Voraussetzung für einen Einigungsstellenspruch gewesen wäre. Die Frage, ob dem Einigungsstellenspruch auch
der Austritt der Arbeitgeberin aus dem Arbeitgeberverband vor dem 1. Januar 2008 entgegenstand, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hatte, ließ der Senat offen. Im Urteil vom 26. Januar 2011 (- 4 AZR 159/09 -) hatte sich der Vierte Senat mit der
Auslegung der Klausel: „Alle Maßnahmen des Outsourcing bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen Zustimmung der Tarifvertragsparteien“ in einer als Tarifvertrag bezeichneten Vereinbarung auseinanderzusetzen. Der Senat hat diese Vereinbarung
zwar als Tarifvertrag und nicht als nichttarifliche Vereinbarung im Sinne eines Koalitionsvertrags verstanden. Es handelt sich bei der Klausel aber nicht um eine tarifvertragliche Rechtsnorm, sondern um eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Tarifvertragsparteien, die nicht nach § 4 Abs. 5 TVG nachwirkt. Eine normative Regelung, auch in einer Betriebsnorm, bedarf einer über das einzelne Arbeitsverhältnis hinausgehenden unmittelbaren und zwingenden Geltung auch gegenüber den Arbeitnehmern.
Mit der Festlegung des Zustimmungsvorbehalts wird dagegen nur das Verhältnis zwischen den Tarifvertragsparteien geregelt. Die Geltung ist im jeweiligen Einzelfall vom Verhalten der Gewerkschaft abhängig, die nicht Teil des betrieblichen Rechtsverhältnisses ist. Mangels Vorliegens einer Rechtsnorm konnte der Senat offen lassen, ob Tarifvertragsparteien durch Betriebsnormen iSd. § 3 Abs. 2 TVG die für das betriebliche Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Belegschaft unmittelbar bindende Unterlassung von Maßnahmen des Outsourcings vereinbaren können. Die klagende Gewerkschaft konnte daher nach der Kündigung des Tarifvertrags nicht verlangen, dass der beklagte Arbeitgeber nur nach ihrer Zustimmung Outsourcing-Maßnahmen durchführt, sie ansonsten mithin unterlässt. In seinem Urteil vom 16. November 2011 (- 4 AZR 856/09 -) hat sich der Vierte Senat mit der Wirksamkeit des Tarifvertrags über Sonderregelungen für studentische aushilfsweise Beschäftigte bei der beklagten Arbeitgeberin, die einen Großflughafen betreibt, befasst und sie bejaht. Ein solcher Sondertarifvertrag, der gegenüber dem für die übrigen „normal Beschäftigten“ geltenden TVöD-VKA modifizierte, teilweise deutlich abgesenkte Arbeitsbedingungen vorsieht, ist nicht allein deshalb als solcher unwirksam, weil einige Bestimmungen möglicherweise wegen Verstoßes gegen Gleichbehandlungsgebote oder Diskriminierungsverbote rechtsunwirksam sind. Nur wenn der Tarifvertrag den an einen ordnungsgemäß zustande gekommenen Vertrag zu stellenden Anforderungen nicht genügt oder seine Regelungen insgesamt unwirksam oder unanwendbar sind, kann der Tarifvertrag als solcher keine Geltung beanspruchen. Die Frage, ob einzelne Bestimmungen des Sondertarifvertrags unwirksam sind, hat der Senat nicht beantwortet, weil sie nicht Gegenstand des in die Revision gelangten Teils des Rechtsstreits war. Der Vierte Senat hat im Urteil vom 23. März 2011 (- 4 AZR 366/09 -) seine Rechtsprechung zur Wirksamkeit einfacher Differenzierungsklauseln bestätigt. Danach sind die Koalitionen bei der Bestimmung der tatbestandlichen Voraussetzungen für tariflich geregelte Ansprüche weitgehend frei. Die negative Koalitionsfreiheit der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer wird nicht beeinträchtigt, weil die Normsetzungsmacht der Tarifvertragsparteien sich von Verfassungs und von Gesetzes wegen ausschließlich auf ihre Mitglieder beschränkt. Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass eine Differenzierungsklausel unwirksam ist, wenn sie nach Art und Umfang der geregelten Differenzierung einen unverhältnismäßigen, einem Beitrittszwang entsprechenden Druck ausübt, war eine solche Annahme angesichts der in Frage stehenden Sonderleistung von 260,00 Euro jährlich von vornherein ausgeschlossen. Die im gleichen Tarifvertrag vereinbarte Spannenklausel war allerdings unwirksam. Mit einer solchen Klausel soll verhindert werden, dass der Arbeitgeber gleichartige Leistungen mit kompensatorischem Charakter an Außenseiter gewährt. Um dies zu gewährleisten, wird in
einer Spannenklausel angeordnet, dass immer dann, wenn der Arbeitgeber die für die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft exklusiv vorgesehenen oder entsprechende Leistungen an nicht oder anders Organisierte erbringt, diese in jedem Falle den Gewerkschaftsmitgliedern zusätzlich zu gewähren sind, damit die Leistungs“spanne“ zwischen den Leistungen, welche die Tarifgebundenen erhalten und denen der übrigen Beschäftigten konstant bleibt. Die vom Senat behandelte Spannenklausel war zwar noch hinreichend bestimmt und wahrte die Schriftform. Eine solche Regelung überschreitet aber jedenfalls als Inhaltsnorm die von Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene, durch diese Bestimmung aber auch begrenzte Tarifmacht. Die Tarifvertragsparteien sind nicht berechtigt, die einzelvertraglichen Ge taltungsmöglichkeiten der Arbeitsvertragsparteien in den Arbeitsverhältnissen mit nicht oder anders organisierten Arbeitnehmern mit zwingender Wirkung einzuschränken. Dies ist bei einer Spannenklausel aber der Fall. Der Arbeitgeber könnte etwaige einzelvertragliche Verpflichtungen gegenüber den Nichtorganisierten oder anders Organisierten auf Gleichstellung mit den an den betreffenden Tarifvertrag tarifgebundenen Gewerkschaftsmitgliedern nicht eingehen und nicht erfüllen, weil jede Anpassung im vertraglichen Bereich dort unmittelbar einen tarifvertraglichen Anspruch der Gewerkschaftsmitglieder zur Folge hätte, der seinerseits wiederum vertraglich gegenüber den dort Begünstigten ausgeglichen werden müsste. Gleiches gilt bei einer entsprechenden Klausel in einem Tarifvertrag mit einer Konkurrenzgewerkschaft. Gegenstand des Urteils des Ersten Senats vom 17. Mai 2011 (- 1 AZR 473/09 -) ist die Frage, ob eine Gewerkschaft vom tarifgebundenen Arbeitgeber die Beseitigung der
individualrechtlichen Folgen tarifwidriger Betriebsvereinbarungen und Regelungsabreden verlangen kann. In dem vom Senat entschiedenen Fall haben die Betriebsparteien zunächst durch Betriebsvereinbarung und nach deren Aufhebung durch Regelungsabrede eine Verlängerung der tariflich geregelten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart. Diese Vereinbarungen verstoßen gegen den Tarifvorrang (§ 77 Abs. 3 BetrVG) und sind deshalb unwirksam. Die klagende Gewerkschaft ist hierdurch in ihrer Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG verletzt worden. Sie kann deshalb vom Arbeitgeber die Unterlassung solcher Abreden verlangen, sie hat jedoch keinen eigenen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Nachzahlung tariflicher Leistungen an die betroffenen Beschäftigten. Die Gewerkschaft ist hierdurch nicht in ihrer kollektiven Koalitionsfreiheit beeinträchtigt, die Beeinträchtigung ihrer Koalitionsfreiheit liegt vielmehr in der Eignung solcher Absprachen, aufgrund ihres erklärten Geltungsanspruchs faktisch an die Stelle der tariflichen Regelung zu treten. Darauf zielen tarifwidrige Betriebsvereinbarungen ab. Ihr offenkundiger Zweck ist es, Tarifnormen als kollektive Ordnung zu verdrängen und sie damit ihrer zentralen Funktion zu berauben. Bereits eingetretene Störungen können durch die Nichtanwendung der (ohnehin rechtsunwirksamen) Betriebsvereinbarungen und eine darauf gerichtete, gegenüber den Arbeitnehmern abzugebende, ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers beseitigt werden. Darüber hinaus kann die Gewerkschaft die Beeinträchtigung ihrer kollektiven Koalitionsfreiheit im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch eine Regelungsverfügung nach § 940 ZPO verhindern oder zumindest verkürzen. Das genügt dem Gebot effektiver Rechtsschutzgewährung.

Außerordentliche Kündigung bei Vermögensschädigung

Begeht der Arbeitnehmer anlässlich eines Personaleinkaufs eine strafbare Handlung zu Lasten des Vermögens seines Arbeitgebers oder schädigt er ihn in ähnlich schwerwiegender Weise vorsätzlich, kann dies eine Kündigung aus wichtigem Grund rechtfertigen. Dies hat der Zweite Senat im Urteil vom 16. Dezember 2010 (- 2 AZR 485/08 -) entschieden.

Die Klägerin hatte nach Ende ihrer Arbeitsschicht beim beklagten Arbeitgeber Waren eingekauft und den Kaufpreis iHv. 36,00 Euro mit produktbezogenen Gutscheinen verrechnet, obwohl sie solche Artikel nicht erworben hatte. Die Gutscheine durften, wie der Klägerin bekannt war, nur unter dieser Voraussetzung verrechnet werden. Die gegen die außerordentliche Kündigung gerichtete Klage blieb vor dem Zweiten Senat erfolglos. Dem Arbeitgeber war eine mildere Reaktionsmöglichkeit in Form einer Abmahnung oder einer ordentlichen Kündigung nicht zumutbar. Der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung stand nicht entgegen, dass der beklagte Arbeitgeber vom Verhalten der Klägerin erst durch Auswertung einer Videoaufnahme Kenntnis erlangt hatte; denn die Beklagte bezog sich vor Gericht vornehmlich auf die Auswertung des Kassenstreifens und auf die Erklärungen der Klägerin im Personalgespräch. Dort hatte sie ihr Verhalten eingeräumt. Der Senat bestätigte seine Rechtsprechung (BAG 13. Dezember 2007 – 2 AZR 537/06 -), wonach die Gerichte grundsätzlich
an das Nichtbestreiten einer Partei gebunden sind. Das schließt aber mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und das im Privatrechtsverkehr zu beachtende Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Parteien nicht aus, der Verwertung zwar unbestrittenen, aber unter der Verletzung von Grundrechten gewonnenen Sachvortrags zu widersprechen. Allerdings verlangt der Schutz des Arbeitnehmers vor einer rechtswidrigen Videoüberwachung nicht in jedem Fall, auch solche unstreitigen Tatsachen außer Acht zu lassen, die dem Arbeitgeber nicht unmittelbar durch die Videoaufzeichnung bekannt geworden sind, sondern durch die Auswertung einer auf dieser nur erkennbar gewordenen anderen Informationsmöglichkeit. Allein der Umstand, dass eine Prozesspartei ihr Wissen von der Geeignetheit eines rechtlich unbedenklichen Mittels auf möglicherweise rechtswidrige Weise erlangt hat, verbietet nicht den Einsatz dieses Mittels zum Nachweis der für sie günstigen Tatsachen. Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Geht es um ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers, darf der Arbeitgeber den Aus- oder Fortgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens abwarten und in dessen Verlauf zu einem nicht willkürlich gewählten Zeitpunkt kündigen. Dies gilt auch für den Ausspruch einer Verdachtskündigung. Eine den Verdacht intensivierende Wirkung kann auch die Erhebung der öffentlichen Anklage haben, selbst wenn sie nicht auf neuen Erkenntnissen beruht und der
Arbeitgeber bereits zuvor eine Verdachtskündigung erklärt hat. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt mit ausreichender Kenntnis von der verdachtsverstärkenden Tatsache erneut zu laufen. Nach dem Urteil des Zweiten Senats vom 27. Januar 2011 (- 2 AZR 825/09 -) ist das Gericht auch nicht gehindert, seiner Entscheidung das tatsächliche Vorliegen einer Pflichtwidrigkeit zugrunde zu legen, auch wenn die Kündigung lediglich mit dem Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens begründet worden ist. Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete Arbeitszeit korrekt aufzuzeichnen, ist „an sich“ ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Dies gilt sowohl für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr als auch für das wissentlich und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Entscheidend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene schwere Vertrauensbruch. Ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist Gegenstand einer Gesamtwürdigung unter Abwägung der beiderseitigen Interessen. Es ist eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorzunehmen. In dem vom Zweiten Senat (Urteil vom 9. Juni 2011 – 2 AZR 381/10 -) entschiedenen Fall hatte die Klägerin an mehreren Tagen hintereinander systematisch und vorsätzlich um insgesamt 135 Minuten falsche Arbeitszeiten angegeben und damit in beträchtlichem Umfang über die erbrachte Arbeitszeit zu täuschen versucht. Eine Hinnahme des Fehlverhaltens durch die Beklagte war – auch für die Klägerin erkennbar – aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung unabhängig von einer Wiederholungsgefahr ausgeschlossen. Auch die unbeanstandete Betriebszugehörigkeit der Klägerin von rund 17 Jahren, ihr Alter sowie ihre Unterhaltspflicht für eine Person führten angesichts des mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruchs nicht zu einer Interessenabwägung zu ihren Gunsten. Eine sexuelle Belästigung iSv. § 3 Abs. 4 AGG stellt nach § 7 Abs. 3 AGG eine Verletzung vertraglicher Pflichten dar. Sie ist „an sich“ als wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB geeignet. Dies hat der Zweite Senat mit Urteil vom 9. Juni 2011 (- 2 AZR 323/10 -) entschieden. Eine sexuelle Belästigung iSv. § 3 Abs. 4 AGG liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird. Für das „Bewirken“ genügt der bloße Eintritt der Belästigung. Vorsätzliches Verhalten der für dieses Ergebnis objektiv verantwortlichen Person ist nicht erforderlich. Das Tatbestandsmerkmal der Unerwünschtheit erfordert nicht, dass die Betroffenen ihre ablehnende Einstellung zu den fraglichen Verhaltensweisen aktiv verdeutlicht haben. Es genügt, dass die Unerwünschtheit der Verhaltensweise objektiv erkennbar war. Im entschiedenen Fall hat der Kläger die Würde einer Mitarbeiterin verletzt, indem er diese an zwei aufeinander folgenden Arbeitstagen gleich mehrfach mit anzüglichen Bemerkungen verbal sexuell belästigt und damit zum Sexualobjekt erniedrigt hat. Dabei ist unmaßgeblich, wie er selbst sein Verhalten eingeschätzt und empfunden hat oder verstanden wissen wollte. Die nach § 626 Abs. 1 BGB erforderliche Interessenabwägung hatte in diesem Fall unter Beachtung des durch § 12 Abs. 3 AGG konkretisierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Ist der Arbeitnehmer wegen gleichartiger Pflichtverletzungen schon einmal abgemahnt worden und verletzt er seine vertraglichen Pflichten gleichwohl erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch weiterhin zu Vertragsstörungen kommen.

Funktionszulag im Schreibdienst

Haben die Arbeitsvertragsparteien in einer Nebenabrede die Fortzahlung der Funktionszulage im Schreibdienst nach Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT in der bis zum 31. Dezember 1983 geltenden Fassung (Funktionszulage Schreibdienst) „bis zu einer tarifvertraglichen Neuregelung“ vereinbart, so handelt es sich gemäß Urteil des Zehnten Senats vom 18. Mai 2011 (- 10 AZR 206/10 -) um eine auflösende Bedingung iSv. § 158 Abs. 2 BGB. Auflösende Bedingungen unterliegen wie die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen unter Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen der Kontrolle nach den §§ 307 ff. BGB.

Die Nebenabrede bestimmte hinreichend transparent, in welchen Fällen der Anspruch auf die vereinbarte Zulage entfallen sollte. Die auflösende Bedingung stellte keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Bei Tarifgebundenen endet die Nachwirkung im Fall einer tarifvertraglichen Neuregelung. Die Beendigung der Nachwirkung mit Inkrafttreten einer tarifvertraglichen Neuregelung als auflösende Bedingung behandelte die Beschäftigten unabhängig von ihrer Tarifbindung gleich. Die in der Nebenabrede vereinbarte Bedingung war eingetreten, da die Regelung des TVöD eine tarifvertragliche, den BAT ersetzende Neuregelung im Sinne der streitgegenständlichen Klausel darstellte. Aus § 5 Abs. 2 Satz 3 TVÜ-Bund ist der klare Wille erkennbar, alle Funktionszulagen mit Ausnahme der in der Protokollerklärung genannten Zulagen abzulösen. Zwar gelten die §§ 22, 23 BAT/BAT-O gemäß § 17 TVÜ-Bund weiter. Dies erfasst jedoch nicht die Protokollnotiz Nr. 3 zu Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT, da es sich dort nicht um eine Eingruppierungsregelung, sondern um eine Vergütungsregelung für eine herausgehobene Tätigkeit handelt. Zusätzlich war die Anrechnung einer Entgelterhöhung auf die von der Beklagten als übertarifliche Besitzstandszulage gezahlte (frühere) Funktionszulage wirksam, weil dem Arbeitnehmer nicht vertraglich ein selbständiger Entgeltbestandteil neben dem jeweiligen Tarifentgelt zugesagt worden war. Da sich durch eine Anrechnung die Gesamtgegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung nicht verringert, ist die mit einer Anrechnung verbundene Veränderung der Zulagenhöhe dem Arbeitnehmer regelmäßig zumutbar.

Übergang des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung auf die ARGE

Nach § 143 Abs. 2 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs, wenn der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen hat. Erhält der Arbeitslose während des Ruhenszeitraums Arbeitslosengeld nach § 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III, geht der Anspruch auf Urlaubsabgeltung gemäß § 115 Abs. 1 SGB X auf die Bundesagentur für Arbeit über.

Nach § 143 Abs. 2 Satz 2 SGB III beginnt der Ruhenszeitraum mit dem ersten Tag, der auf das Ende des Arbeitsverhältnisses folgt, und endet mit dem Ablauf des letzten (fiktiven) Urlaubstags. Der Zehnte Senat hat mit Urteil vom 17. November 2010 (- 10 AZR 649/09 -) entschieden, dass sich der Ruhenszeitraum nicht verschiebt, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Krankengeld nach § 44 SGB V und kein Arbeitslosengeld bezieht. Ist der Zeitraum des Krankengeldbezugs länger als der Ruhenszeitraum gemäß § 143 Abs. 2 SGB III, kann kein Forderungsübergang nach § 115 Abs. 1 SGB X, § 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III bewirkt werden. Die Verschiebung des Ruhenszeitraums sieht § 143 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht vor. Im vom Senat entschiedenen Fall hat der klagende Arbeitgeber den der Bundesagentur für Arbeit gezahlten Betrag – angeblich übergegangene Ansprüche auf Urlaubsabgeltung der beklagten Arbeitnehmerin – im Rahmen eines Bereicherungsanspruchs gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB gegenüber der beklagten Arbeitnehmerin geltend gemacht. Die Klage blieb erfolglos, weil die beklagte Arbeitnehmerin durch die Zahlung des klagenden Arbeitgebers an die Bundesagentur für Arbeit nicht von einer Verbindlichkeit gegenüber der Bundesagentur für Arbeit befreit wurde.

Keine Neubescheidung nach Stellenübertragung

Der Anspruch des Bewerbers nach Art. 33 Abs. 2 GG auf Übertragung einer Stelle setzt dem Grundsatz nach voraus, dass diese noch nicht besetzt ist. Für eine Neubescheidung ist kein Raum, wenn die begehrte Stelle dem erfolgreichen Konkurrenten rechtswirksam auf Dauer übertragen worden ist.

Mit einem Urteil vom 12. Oktober 2010 (- 9 AZR 554/09 -) hat der Neunte Senat diese Rechtsgrundsätze bestätigt. Geklagt hatte ein abgelehnter Stellenbewerber gegen eine Hochschule in kirchlicher Trägerschaft, die eine ausgeschriebene Professorenstelle mit einer Konkurrentin des Klägers besetzt hatte. Abgeleitet aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes kann einem zu Unrecht übergangenen Bewerber ausnahmsweise ein Anspruch auf Stellenbesetzung zustehen, wenn durch das Verhalten der Verwaltung ein effektiver Rechtsschutz verhindert worden war. Im Streitfall lagen diese Voraussetzungen nicht vor. Das
Arbeitsgericht verwehrte dem Kläger einstweiligen Rechtsschutz, ohne dass der Kläger gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegte. Im Übrigen neigte der Senat der Auffassung zu, dass die Beklagte als Hochschule in kirchlicher Trägerschaft nicht Adressat der öffentliche Arbeitgeber verpflichtenden Regelung des Art. 33 Abs. 2 GG ist. Dies gilt unabhängig davon, dass die Beklagte ihre Personalkosten aufgrund landesrechtlicher Regelungen aus öffentlichen Haushaltsmitteln erstattet bekommt. Der Senat
hat darüber hinaus einen Schadensersatzanspruch des Klägers verneint. Selbst wenn Art. 33 Abs. 2 GG anzuwenden wäre, wäre die Beklagte dem Kläger nur dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ihm anstelle der Konkurrentin das Amt hätte übertragen werden müssen. Hierfür hätte festgestellt werden müssen, dass ein hypothetischer Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen der Beklagten zu der Entscheidung geführt hätte, den Kläger einzustellen. Denn das Verhalten des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren ist für den Schaden eines zurückgewiesenen Bewerbers nur ursächlich, wenn sich jede andere Besetzungsentscheidung des Arbeitgebers als rechtsfehlerhaft erwiesen hätte, der zurückgewiesene Bewerber also der bestqualifizierte Bewerber war. Der Vortrag des Klägers, wenigstens einer der übrigen Bewerber sei schlechter als er, reichte hierzu ebenso wenig wie die Behauptung, es sei ausgeschlossen, dass drei andere Bewerber insgesamt besser geeignet gewesen sein sollten.