Tariffähigkeit des Christlichen Gewerkschaftsbundes

Der Erste Senat hatte im Berichtszeitraum über die Tariffähigkeit der im März 2006 gegründeten Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe- und Holzverarbeitung  Christlichen Gewerkschaftsbund (GKH) zu entscheiden. Durch Beschluss vom 5. Oktober 2010 (- 1 ABR 88/09 -) hat er das Verfahren zur neuen Anhörung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen konnte die Tariffähigkeit der GKH nicht abschließend beurteilt werden.

Die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung setzt ua. voraus, dass diese über eine Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler verfügt, die erwarten lässt, dass sie vom sozialen Gegenspieler wahr- und ernst genommen wird (vgl. BAG 28. März 2006 – 1 ABR 58/04 -). Zudem muss die Vereinigung auch organisatorisch in der Lage sein, die Aufgaben einer Tarifvertragspartei zu erfüllen. Dabei kommt die Tariffähigkeit in erster Linie in der Zahl der Mitglieder und der Leistungsfähigkeit der Organisation zum Ausdruck. Bei Zweifeln an der Durchsetzungs- und Leistungsfähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung kann eine nennenswerte Zahl eigenständig abgeschlossener Tarifverträge ihre Tariffähigkeit indizieren. Die GKH hat ihre Mitgliederzahl im Verfahren nicht offen gelegt und die Leistungsfähigkeit ihrer Organisation nicht ausreichend dargestellt. Die von ihr in Tarifgemeinschaft mit dem „Deutschen Handels- und Industrieangestellten-Verband“ bundesweit mit Innungsverbänden des Tischler-, Schreiner- und Modellbauerhandwerks abgeschlossen Tarifverträge stellen weder ein Indiz für die Durchsetzungsfähigkeit noch für die organisatorische Leistungsfähigkeit der GKH dar.
In einem Beschluss vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 -) hat der Erste Senat festgestellt, dass die im Dezember 2002 gegründete Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) keine tariffähige Spitzenorganisation iSd. § 2 Abs. 3 TVG ist. Nach § 2 Abs. 3 TVG kann eine Spitzenorganisation nur dann als Partei selbst Tarifverträge abschließen, wenn dies zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben gehört. Dazu müssen die sich zusammenschließenden Gewerkschaften ihrerseits tariffähig sein und der Spitzenorganisation ihre Tariffähigkeit vollständig vermitteln. Dies ist nicht der Fall, wenn die Befugnis zum Abschluss von Tarifverträgen durch die Spitzenorganisation auf einen Teil des Organisationsbereichs der Mitgliedsgewerkschaften beschränkt wird. Zudem darf der Organisationsbereich einer Spitzenorganisation nicht über den ihrer Mitgliedsgewerkschaften hinausgehen. Im Fall der CGZP waren diese Anforderungen nicht erfüllt. Alleinige satzungsmäßige Aufgabe der CGZP ist der Abschluss von Tarifverträgen mit Arbeitgebern, die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betreiben wollen. Ihre Mitgliedsgewerkschaften, die Christliche Gewerkschaft Metall, die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen sowie die DHV – Die Berufsgewerkschaft im CGB e.V., haben sich nicht im Umfang ihrer Tariffähigkeit zusammengeschlossen. Zudem geht der in der Satzung der CGZP festgelegte Organisationsbereich für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung über den ihrer Mitgliedsgewerkschaften hinaus.

Benennung zum Datenschutzbeauftrageten

Nach § 4f Abs. 1 BDSG haben öffentliche und nichtöffentliche Stellen, die personenbezogene Daten automatisch erheben, verarbeiten oder nutzen, einen Beauftragten für den Datenschutz zu bestellen. Die Übertragung eines solchen Amts und der damit verbundenen Aufgaben bedarf der Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien (vgl. BAG 13. März 2007 – 9 AZR 612/05 -). Wird der Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis zum Datenschutzbeauftragten bestellt, liegt darin nach einer Entscheidung des Zehnten Senats vom 29. September 2010 (- 10 AZR 588/09 -) regelmäßig das Angebot des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag um die mit dem Amt verbundenen Aufgaben für dessen Dauer nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu erweitern.

Nimmt der Arbeitnehmer dieses Angebot durch sein Einverständnis mit der Bestellung an, wird der Arbeitsvertrag für die Zeitspanne der Amtsübertragung geändert. Wird die Bestellung nach § 4f Abs. 1 Satz 4 BDSG widerrufen oder erlischt das Amt auf andere Weise, ist die Tätigkeit nicht mehr Bestandteil der vertraglich geschuldeten Leistung. Einer Änderungs- oder Teilkündigung bedarf es nicht. Ist der Datenschutzbeauftragte bei einer gesetzlichen Krankenkasse bestellt worden, so erlischt sein Amt, wenn diese mit einer anderen Krankenkasse fusioniert. Ein Übergang des Amts auf die neu gebildete Krankenkasse nach § 144 Abs. 4 Satz 2 SGB V findet nicht statt.

Abbruch des Auswahlverfahrens

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die Bestimmung begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Auswahlkriterien (BAG 23. Januar 2007 – 9 AZR 492/06 -). Nur der am besten geeignete Bewerber hat für die ausgeschriebene Stelle einen Besetzungsanspruch (BAG 21. Januar 2003 – 9 AZR 72/02 -). Bricht der öffentliche Arbeitgeber das Stellenbesetzungsverfahren aus einem sachlich nachvollziehbaren Grund ab, gehen diese Rechte unter (BAG 24. März 2009 – 9 AZR 277/08 -).

In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der Neunte Senat in einem Urteil vom 17. August 2010 (- 9 AZR 347/09 -) entschieden, dass die gerichtliche Beanstandung einer Auswahlentscheidung grundsätzlich ein sachlicher Grund für den Abbruch eines Auswahlverfahrens darstellt, sofern die Ausführungen des Gerichts dem Dienstherrn berechtigten Anlass geben, seine Entscheidungsfindung zu überdenken. Diese Anforderungen hat der Senat im Streitfall bejaht. Das Landesarbeitsgericht hatte im einstweiligen Verfügungsverfahren gerügt, der Arbeitgeber habe gegen seine aus Art. 33 Abs. 2 iVm. Art. 19 Abs. 4 GG abgeleitete Pflicht, die Leistungsbewertungen und die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, verstoßen. Die Einhaltung des Dokumentationsgebots ist zwingende Voraussetzung zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes bei einer Konkurrentenklage. Ein Verstoß hiergegen begründet einen nicht heilbaren Verfahrensmangel, der den Arbeitgeber zum Abbruch des Auswahlverfahrens berechtigt.

Anforderungen an die Berufsausbildung

Die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf muss nach einer Entscheidung des Dritten Senats vom 27. Juli 2010 (- 3 AZR 317/08 -) grundsätzlich in einem Berufsausbildungsverhältnis iSd. §§ 10 ff. BBiG durchgeführt werden. Dies ergibt sich aus § 4 Abs. 2 BBiG. Daneben kann – wie § 45 Abs. 2 BBiG zeigt – der Erwerb der für die Ausbildung notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten auch in einem Arbeitsverhältnis erfolgen.

Schließen die Vertragsparteien hingegen ein anderes Vertragsverhältnis nach § 26 BBiG – wie etwa im Streitfall einen „Anlernvertrag“ – ist dieses nach § 134 BGB iVm. § 4 Abs. 2 BBiG insgesamt nichtig. Die Nichtigkeit des Vertrags führt dazu, dass das „Anlernverhältnis“ zumindest für den Zeitraum seiner Durchführung entsprechend den Regeln über das fehlerhafte (faktische) Arbeitsverhältnis zu behandeln ist. Dem Arbeitnehmer steht für die Zeit, in der das Arbeitsverhältnis in Vollzug gesetzt wurde, mangels wirksamer Vergütungsabrede ein Anspruch auf die übliche Vergütung iSd. § 612 Abs. 2 BGB zu. Im Bereich des Maler- und Lackiererhandwerks ist dies die Vergütung, die sich aus dem Tarifvertrag zur Regelung eines Mindestlohnes für gewerbliche Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk (TV Mindestlohn) ergibt. Der TV Mindestlohn wurde durch die Dritte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Maler- und Lackiererhandwerk vom 31. August 2005 auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden Arbeitsverhältnisse erstreckt und damit im Rahmen seines fachlichen Anwendungsbereiches faktisch angewandt. Ob auch die tariflichen Ausschlussfristen stets Teil des an einem Tarifvertrag orientierten üblichen Entgelts iSd. § 612 Abs. 2 BGB sind, konnte dahinstehen. Denn jedenfalls für die im TV Mindestlohn geregelten Ausschlussfristen trifft dies nach Ansicht des Senats wegen des Gefüges der tariflichen Normen zu.

Personalgestellung auf der Grundlage des VersÄmt-EinglG

Durch das Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (VersÄmtEinglG) sind die bei den aufgelösten Versorgungsämtern in Nordrhein-Westfalen Beschäftigten kraft Gesetzes zu anderen Landesbehörden versetzt oder im Wege der Personalgestellung kommunalen Körperschaften unter Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum Land zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt worden. Der Zehnte Senat hat im Urteil vom 14. Juli 2010 (- 10 AZR 182/09 -) eine Personalgestellung auf der Grundlage des VersÄmt-EinglG für rechtswirksam erachtet.

Eines Rückgriffs auf eine vertragliche oder tarifliche Rechtsgrundlage bedurfte es nicht. Das VersÄmtEinglG ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Landesgesetzgeber war gesetzgebungsbefugt. Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufungsausübungsfreiheit der Beschäftigten ist durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Dies gilt auch für einen etwaigen Eingriff des Gesetzes in die von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie. Bei der Erstellung des nach dem VersÄmtEinglG vorgesehenen Zuordnungsplans, durch den die Beschäftigten den jeweiligen kommunalen Körperschaften zugewiesen wurden, durfte sich das Land eines Punkteschemas bedienen. Im Hinblick auf den Zweck der Auswahl – die Veränderung des Beschäftigungsorts – war es nicht zu beanstanden, dass Alter und Betriebszugehörigkeit im Vergleich zu anderen Faktoren geringer bewertet wurden. Dies verstieß nicht gegen das AGG. Allerdings musste unabhängig vom verwendeten Punkteschema für jeden Beschäftigten noch individuell geprüft werden, ob ihm die Maßnahme unter Berücksichtigung dienstlicher Belange und sozialer Kriterien zumutbar ist. Maßgeblich war dabei der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hatte. Ein Mitbestimmungsrecht der Personalräte der abgebenden Dienststellen bestand bei der Personalgestellung nicht. Diese ist keine Versetzung iSv. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW. Eine analoge Anwendung dieser Norm scheidet aus, weil es an einer unbewussten Gesetzeslücke fehlt. Ob die Eingliederung in die aufnehmende Dienststelle der Mitbestimmung des dortigen Personalrats nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NW bedurfte, konnte der Senat offenlassen. Denn die fehlende Beteiligung des Personalrats begründet nur dann ein Leistungsverweigerungsrecht des Beschäftigten, wenn der Personalrat die Aufhebung der Maßnahme begehrt. Dies war nicht der Fall.

Abschied vom Grundsatz der Tarifeinheit

Tarifpluralität liegt vor, wenn der Betrieb des Arbeitgebers vom Geltungsbereich zweier von verschiedenen Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge für Arbeitsverhältnisse derselben Art erfasst wird, an die der Arbeitgeber gebunden ist, während für den jeweiligen Arbeitnehmer je nach Tarifgebundenheit nur einer der beiden Tarifverträge Anwendung findet.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Vierten Senats stand einer Tarifpluralität der Grundsatz der Tarifeinheit entgegen. Danach sollte in einem Betrieb grundsätzlich nur ein Tarifvertrag Anwendung finden. Eine Tarifpluralität wurde daher idR dahin aufgelöst, dass der speziellere, dh. der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten stehende Tarifvertrag den anderen verdrängte (vgl. nur BAG 20. März 1991 – 4 AZR 455/90 -). Mit Beschluss vom 27. Januar 2010 (- 4 AZR 549/08 (A) -) hat der Vierte Senat mitgeteilt, dass er diese Rechtsprechung aufgeben möchte. Tarifliche Normen, die den Inhalt, Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, sollen auch bei einer auf die Tarifbindung des Arbeitgebers nach § 3 Abs. 1 TVG zurückzuführenden Tarifpluralität in den jeweiligen Arbeitsverhältnissen zur Anwendung kommen. Da der Senat damit von der bisherigen Rechtsprechung des Zehnten Senats abwich, hat er nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG eine Divergenzanfrage an diesen gerichtet. Der Zehnte Senat hat sich durch Beschluss vom 23. Juni 2010 (- 10 AS 2/10 -) der geänderten Auffassung des Vierten Senats an geschlossen. Mit Urteil vom 7. Juli 2010 (- 4 AZR 549/08 -) hat der Vierte Senat daher seine Ankündigung umgesetzt. Die durch das TVG vorgesehene unmittelbare und zwingende Geltung von Rechtsnormen eines Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, kann auch bei einer aufgrund unmittelbarer Tarifbindung des Arbeitgebers eingetretenen Tarifpluralität nicht durch den Grundsatz der Tarifeinheit verdrängt werden. Dieser Grundsatz lässt sich weder auf eine gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtsgrundlage noch auf übergeordnete Prinzipien der Rechtssicherheit oder der Rechtsklarheit stützen. Auch die Voraussetzungen für eine richterliche Rechtsfortbildung oder eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung liegen nicht vor. Zudem stellt die Verdrängung eines von einer Gewerkschaft geschlossenen Tarifvertrags nach dem Grundsatz der Tarifeinheit sowohl einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die kollektive Koalitionsfreiheit der tarifschließenden Gewerkschaft nach Art. 9 Abs. 3 GG als auch in die individuelle Koalitionsfreiheit des an diesen gebundenen Gewerkschaftsmitglieds dar. Weder dem Tarifvertragsgesetz noch Art. 9 Abs. 3 GG lässt sich eine rechtlich verbindliche Vorgabe der betriebseinheitlichen Geltung von Tarifnormen, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, entnehmen. Die Ordnungsfunktion von Tarifverträgen ist entsprechend der von Verfassungs wegen vorgegebenen mitgliedschaftlichen Struktur der Koalitionen auf die unmittelbar Tarifgebundenen beschränkt.
Der Grundsatz einer betrieblichen Tarifeinheit ist auch kein verfassungsrechtliches Element der grundgesetzlich geschützten Tarifautonomie. Dem steht entgegen, dass die Koalitionsfreiheit in erster Linie als Freiheitsgrundrecht strukturiert und auf einen Wettbewerb zwischen verschiedenen Koalitionen angelegt ist.

24-Stundendienste der Werksfeuerwehr

Der Zehnte Senat hatte im Urteil vom 23. Juni 2010 (- 10 AZR 543/09 -) die Vereinbarkeit der Arbeitszeitregelung in § 5 Abschnitt II des Manteltarifvertrags für die chemische Industrie (MTV) mit dem ArbZG zu prüfen. Danach gelten ua. für die Werkfeuerwehr sog. 24-Stunden-Dienste, die aus einer achtstündigen Arbeitszeit, einer Arbeitsbereitschaft und einer Bereitschaftsruhezeit bestehen.

Der Senat hat die tariflichen Regelungen auf der Grundlage von § 7 Abs. 2a ArbZG für zulässig gehalten. Nach dieser Norm kann die werktägliche Arbeitszeit in einem Tarifvertrag auch ohne Ausgleich über acht Stunden verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt und durch besondere Regelungen sichergestellt wird, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird. Die Vorschrift erlaubt tarifliche Bestimmungen, nach denen die durchschnittliche Wochenarbeitszeit 48 Stunden dauernd überschreitet. Dies ist bei den 24-StundenDiensten nach § 5 Abschnitt II MTV der Fall, da auch die Bereitschaftsruhe Arbeitszeit iSd. § 2 Abs. 1 ArbZG darstellt. Soweit § 7 Abs. 2a ArbZG zur Sicherstellung der Gesundheit der Arbeitnehmer „besondere Regelungen“ verlangt, reichen die allgemeinen Vorgaben des Arbeitsschutzrechts – wie etwa die Erstellung einer Gefährdungsanalyse nach § 5 ArbSchG – nicht aus. Erforderlich sind zusätzliche, über das Gesetz hinausgehende Regelungen. Für die Werkfeuerwehr stellt § 5 Abschnitt II MTV iVm. den hierzu abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen sicher, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird. Ob die den Tarifvertragsparteien durch § 7 Abs. 2a ArbZG eingeräumte Möglichkeit der Arbeitszeitverlängerung gegen Art. 22 der Richtlinie 2003/88/EG vom 4. November 2003 verstößt, konnte der Senat dahinstehen lassen. Selbst wenn das ArbZG bestimmte Vorgaben für die Einhaltung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer sowie zu den erforderlichen Maßnahmen aufstellen musste, bleibt § 7 Abs. 2a ArbZG einschließlich der auf dieser Grundlage abgeschlossenen Tarifverträge zwischen Privaten anwendbar. Im Hinblick hierauf bestand mangels Entscheidungserheblichkeit auch keine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union.

Kosten des Betriebsrats

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die erforderlichen Aufwendungen einzelner Betriebsratsmitglieder, die diesen durch die Wahrnehmung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben entstehen (vgl. nur BAG 16. Januar 2008 – 7 ABR 71/08 -).

Das Betriebsratsmitglied hat nach einer Entscheidung des Siebten Senats vom 23. Juni 2010 (- 7 ABR 103/08 -) grundsätzlich keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten, die dem Bereich seiner persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind oder durch eine persönlich veranlasste Pflichtenkollision entstehen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Erfüllung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben mit der
Pflicht eines Betriebsratsmitglieds zur Pflege und Betreuung minderjähriger Kinder kollidiert. In diesem Fall ist bei der Auslegung von § 40 Abs. 1 BetrVG die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG zu beachten. Diese führt dazu, dass ein Betriebsratsmitglied vom Arbeitgeber in angemessener Höhe die Erstattung von Aufwendungen für die Fremdbetreuung minderjähriger Kinder verlangen kann, wenn es die Pflichtenkollision zwischen seinen gesetzlichen Betriebsratsaufgaben und der sowohl grundrechtlich als auch einfachgesetzlich in § 1626 Abs. 1, § 1631 Abs. 1 BGB normierten Pflicht zur Pflege, Erziehung und Beaufsichtigung der Kinder anders in zumutbarer Weise nicht lösen kann. War ein Familienmitglied bereit und in der Lage, die Kinder kostenlos zu betreuen, scheidet ein Erstattungsanspruch aus. Kinderbetreuungskosten für Zeiten, in denen das Betriebsratsmitglied ohne die Erfüllung von Betriebsratsaufgaben zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen wäre oder in denen der Arbeitgeber Mehrarbeit hätte verlangen können, hat der Arbeitgeber ebenfalls nicht zu erstatten. Bei diesen handelt es sich nicht um Aufwendungen, die gerade durch die Betriebsratstätigkeit entstanden sind.

Mitbestimmung und Mitwirkung des Betriebsrats

Schließen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über eine betriebliche Vergütungsordnung, liegt darin nach einem Urteil des Ersten Senats vom 22. Juni 2010 (- 1 AZR 853/08 -) zugleich die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in der Vereinbarung zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze.

Die Beendigung der Betriebsvereinbarung führt deswegen regelmäßig nicht zum ersatzlosen Fortfall der bisher im Betrieb geltenden Vergütungsstruktur. Es endet lediglich die gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG zwingende Wirkung der Entlohnungsgrundsätze. Infolgedessen bedarf deren Änderung auch nach Ablauf der Betriebsvereinbarung der Zustimmung des Betriebsrats oder einer ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle nach § 87 Abs. 2 BetrVG. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der nicht tarifgebundene Arbeitgeber entgegen den Regelungen einer Betriebsvereinbarung eine jährliche Monatszuwendung sukzessive abgesenkt und zuletzt nur noch in Höhe eines halben Bruttoentgelts gezahlt. Diese Maßnahme hätte der Mitbestimmung des Betriebsrats bedurft, weil in der durch die Betriebsvereinbarung festgelegten Gesamtvergütung für alle Beschäftigte gleich hohe Vergütungsbestandteile enthalten waren und sich deshalb durch die Absenkung der Monatszuwendung der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander änderte. Da der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht beachtet hatte, konnten die betroffenen Arbeitnehmer nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze verlangen. Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird in einem solchen Fall von Gesetzes wegen durch die Verpflichtung des Arbeitgebers ergänzt, die Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten.

Haben die Betriebsparteien in einem Sozialplan die wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern durch eine Betriebsänderung entstehen, angemessen ausgeglichen, können sie in einer weiteren freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG zusätzlich zu den bestehenden Sozialplanleistungen finanzielle Anreize zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags vereinbaren. Dies hat der Erste Senat in einem Urteil vom 18. Mai 2010 (- 1 AZR 187/09 -) entschieden. Im Streitfall enthielt die freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung eine Stichtagsregelung, nach der nur die Arbeitnehmer ein Angebot auf Zahlung einer zusätzlichen Abfindung erhielten, die bei Inkrafttreten der Vereinbarung noch keinen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten. Diese Differenzierung verstieß nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG. Die Gesamtbetriebsvereinbarung unterlag nicht den für Sozialpläne aus § 112 Abs. 1 BetrVG folgenden Regelungsbeschränkungen (vgl. dazu BAG 19. Februar 2008 – 1 AZR 1004/06 -). Die Betriebsparteien können in der freiwilligen Betriebsvereinbarung Regelungen treffen, die dazu dienen, das arbeitgeberseitige Interesse an einem zügigen Personalabbau durch einvernehmliche Vertragsbeendigungen zu verwirklichen. In Anbetracht dieser Anreizfunktion durften sie auch diejenigen Arbeitnehmer ausschließen, die zur einvernehmlichen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses keines weiteren Anreizes mehr bedurften. Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, wonach der Arbeitgeber bei der Verletzung von Mitbestimmungsrechten eine Vertragsstrafe an einen Dritten zu zahlen hat, ist nach einem Beschluss des Ersten Senats vom 19. Januar 2010 (- 1 ABR 62/08 -) unwirksam. Eine solche Vertragsstrafenabrede widerspricht zwingenden Grundsätzen zur Gewährleistung der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung. Das BetrVG weist dem Betriebsrat die Aufgabe zu, auf die Einhaltung dieser Ordnung hinzuwirken. Dabei stellt es deren Durchsetzung in das pflichtgemäße Ermessen des Betriebsrats. Kommt der Arbeitgeber einer gerichtlichen Entscheidung nicht nach, haben ihn die Arbeitsgerichte auf Antrag des Betriebsrats durch Ordnungs- oder Zwangsgeld zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuhalten. Die beigetriebenen Ordnungs- bzw. Zwangsgelder verfallen der Staatskasse. Dies sichert die äußere Unabhängigkeit der Amtsführung des Betriebsrats. Das Vertragsstrafeversprechen zielt dagegen nicht auf die Wiederherstellung eines betriebsverfassungsgemäßen Zustands, sondern hat reinen Strafcharakter. Dass der Arbeitgeber von der Beteiligung des Betriebsrats gegen Zahlung der vereinbarten Strafe absehen kann, kommt einem „Abkauf“ gesetzlicher Rechte gleich. Durch die finanzielle Begünstigung Dritter kann zudem der Eindruck entstehen, der Betriebsrat mache die Wahrnehmung seiner Rechte von sachfremden Erwägungen abhängig.

Werbezutritt für Gewerkschaften nach Art. 9 Abs. 3 GG

Der Erste Senat hatte sich im Urteil vom 22. Juni 2010 (- 1 AZR 179/09 -) mit dem Zutrittsrecht betriebsfremder Gewerkschaftsbeauftragter zum Zwecke der Mitgliederwerbung zu befassen. Der Senat hat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach ein solches Zutrittsrecht nicht ausdrücklich geregelt ist (vgl. BAG 28. Februar 2006 – 1 AZR 460/06 -). § 13 des allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe gewährt der Gewerkschaft nur ein arbeitsschutzrechtlich bezogenes Zutrittsrecht. Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens Nr. 135 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 23. Juni 1971 betrifft lediglich betriebsangehörige Arbeitnehmervertreter.

Auch Art. 51 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Landes Brandenburg begründet nicht selbst einen Anspruch. Grundlage für das betriebliche Zutrittsrecht der Gewerkschaften zu Werbezwecken ist vielmehr die richterrechtliche Ausgestaltung der durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Koalitionsbetätigungsfreiheit (vgl. dazu BAG 28. Februar 2006 – 1 AZR 460/06 -). Danach richtet es sich nach den Umständen des Einzelfalls, ob der von der Gewerkschaft jeweils konkret begehrte Zutritt zu gewähren ist. Dabei ist zwischen der betroffenen Grundrechtsposition der Gewerkschaft aus Art. 9 Abs. 3 GG und den durch Art. 12 Abs. 1, Art. 13 und 14 Abs. 1 GG geschützten gegenläufigen Interessen des Arbeitgebers eine praktische Konkordanz herzustellen. Dies erfordert die Berücksichtigung typischer und vorhersehbarer betrieblicher Belange des Arbeitgebers bereits im Erkenntnisverfahren. Hierzu gehört insbesondere der von der Häufigkeit und der Dauer des Zutrittsbegehrens abhängige organisatorische Aufwand, der im Einzelfall betrieben werden muss, um Störungen des Betriebsfriedens und des Betriebsablaufs zu verhindern. Die auf beiden Seiten betroffenen Belange sind typischerweise gewahrt, wenn sich die Häufigkeit des begehrten Zutritts an der gesetzlichen Wertung des § 43 Abs. 4 BetrVG orientiert und eine angemessene Ankündigungsfrist von in der Regel einer Woche eingehalten wird. Verlangt die Gewerkschaft hingegen mehr als einmal im Kalenderhalbjahr Zutritt, hat sie die Notwendigkeit weiterer betrieblicher Werbemaßnahmen im Einzelnen aufzuzeigen.

Dem Arbeitnehmer steht nach einer Entscheidung des Ersten Senats vom 13. August 2010 (- 1 AZR 173/09 -) kein Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht zur Teilnahme an Sitzungen des Ortsvorstands einer Gewerkschaft zu. Zwar stellt die Teilnahme an den Sitzungen eine durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte koalitionsspezifische Betätigung dar. Jedoch hat der Arbeitnehmer mit Abschluss des Arbeitsvertrags und den damit eingegangenen Bindungen in zulässiger Weise über seine Grundrechtspositionen verfügt. Die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit ist deshalb für sich betrachtet keine unzulässige Abrede iSd. Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG. Auch aus der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB ergibt sich kein genereller Freistellungsanspruch. Das Interesse des Arbeitgebers an der Einhaltung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit geht dem grundsätzlich vor. Da im Streitfall der Sitzungsbeginn regelmäßig zu einer Kollision mit bestehenden Arbeitspflichten Vollzeitbeschäftigter führte und die Verlegung der Sitzung auf einen späteren Zeitpunkt nicht unmög-
lich war, bestand auch kein Leistungsverweigerungsrecht der betroffenen Arbeitnehmerin nach § 275 Abs. 3 BGB. Der Arbeitgeber ist jedoch gehalten, im Fall eines Schichtdienstes der Arbeitnehmerin ihren Wunsch an einer Sitzungsteilnahme bei der Einteilung der Schichten zu berücksichtigen.