Betriebsrat und Arbeitgeber haben nach § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen. Die Verletzung des parteipolitischen Neutralitätsgebots durch den Betriebsrat begründet nach einem Beschluss des Siebten Senats vom 17. März 2010 (- 7 ABR 95/08 -) keinen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat.
Damit hat der Senat die frühere Rechtsprechung zu § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG aufgegeben (BAG 12. Juni 1986 – 6 ABR 67/84 -). Der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, wer Inhaber eines solchen Anspruchs sein könnte. Auch das Konzept des § 23 BetrVG sieht einen wegen der Vermögenslosigkeit des Betriebsrats ohnehin nicht vollstreckbaren Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers nicht vor. Der Arbeitgeber kann bei einem groben Verstoß des Betriebsrats gegen die nach § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG bestehenden Pflichten gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Auflösung des Betriebsrats beantragen. Im Übrigen hat er die Möglichkeit, die Unzulässigkeit der Betätigung des Betriebsrats nach § 256 Abs. 1 ZPO gerichtlich feststellen zu lassen. Eine entsprechende Feststellung ist bei einer späteren gleichartigen Pflichtverletzung des Betriebsrats von erheblicher Bedeutung für einen Auflösungsantrag des Arbeitgebers. Offen gelassen hat der Senat, ob auch künftig noch daran festzuhalten ist, dass schon das Eintreten für oder gegen eine bestimmte politische Richtung – unabhängig von einem konkreten Bezug zu einer politischen Partei – unter § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG fällt (vgl. BAG 12. Juni 1986 – 6 ABR 67/84 -). Jedenfalls untersagt die Norm nicht Äußerungen allgemeinpolitischer Art, die eine politische Partei, Gruppierung oder Richtung weder unterstützen noch sich gegen sie wenden. Der Betriebsrat verstößt deshalb allein durch einen an die Mitarbeiter des Betriebs gerichteten Aufruf, sich an einer bevorstehenden politischen Wahl oder Abstimmung zu beteiligen, nicht gegen das parteipolitische Neutralitätsgebot.