Voraussetzungen des Betriebsübergangs

Eine ordentliche Kündigung kann aus dringenden betrieblichen Erfordernissen gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sein, wenn beabsichtigt ist, den Betrieb oder einen Betriebsteil stillzulegen. Dies ist nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber beabsichtigt, seinen Betrieb oder Betriebsteil zu veräußern.

Nach dem Urteil des Achten Senats vom 26. Mai 2011 (- 8 AZR 37/10 -) ist entscheidend, dass der Funktions- und Zweckzusammenhang zwischen den übertragenen materiellen und immateriellen Betriebsmitteln sowie den sonstigen Produktionsfaktoren wie etwa den Kunden- und Lieferantenbeziehungen oder den Fertigungsmethoden beibehalten wird, und dies dem Erwerber gestattet, die verknüpften Faktoren zur Verfolgung einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit zu nutzen. Da im entschiedenen Fall die Wegstrecke zwischen alter und neu-
er Betriebsstätte nur 59 km betrug, bestand keine erhebliche räumliche Entfernung, die die Wahrung der Identität zweifelhaft erscheinen lassen könnte. Es steht auch nicht entgegen, dass es sich um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt handelt. Das anzuwendende Recht ist nach dem im Zeitpunkt des beabsichtigten Betriebsübergangs noch gültigen Art. 30 Abs. 2 EGBGB zu bestimmen. Danach war deutsches Recht einschließlich § 613a BGB anzuwenden. Weder haben zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs die Parteien eine Rechtswahl vereinbart, noch ist der Kläger ins Ausland entsandt worden. Selbst wenn das Arbeitsverhältnis des Klägers nach dem Betriebsübergang gemäß einem anderen nationalen Recht zu beurteilen wäre und wenn sich diesem zufolge kein Eintritt des Erwerbers in die Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ergäbe, wirkte dies nicht in der Weise, dass der beabsichtigte Betriebsübergang bei der Beurteilung der streitbefangenen Kündigung außer Betracht zu bleiben hätte. § 613a BGB ist auch bei Betriebsübergängen in das Ausland grundsätzlich anwendbar. Dabei darf die Frage der Anwendbarkeit einer Norm nicht mit der Frage deren Durchsetzbarkeit im Ausland vermengt werden. Erledigt der Arbeitnehmer betriebsübergangsbedingt seine Arbeit gewöhnlich in einem bestimmten Staat, so unterliegt sein Arbeitsverhältnis dem Recht dieses Staates, es sei denn, aus der Gesamtheit der Umstände ergibt sich eine engere Verbindung zu einem anderen Staat. Damit dürfte sich das Arbeitsvertragsstatut eines Arbeitnehmers infolge eines Betriebsübergangs ins Ausland regelmäßig ändern. Die Änderung tritt aber erst ein, nachdem die Arbeitsverhältnisse übergegangen sind. Für eine vor dem Betriebsübergang ausgesprochene, nach deutschem Recht zu beurteilende Kündigung sind mit dem Wechsel des Arbeitsvertragsstatuts einhergehende Rechtsänderungen ohne Belang.
Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit einem Betriebsveräußerer und damit zusammenhängend der Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einer Beschäftigungs- und
Qualifizierungsgesellschaft trotz eines anschließenden Betriebsübergangs ist grundsätzlich wirksam, wenn die Vereinbarung auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet ist. § 613a BGB wird jedoch umgangen, wenn der Aufhebungsvertrag die Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Erhalt des Arbeitsplatzes bezweckt, weil zugleich ein neues Arbeitsverhältnis vereinbart oder zumindest verbindlich in Aussicht gestellt wurde. Grundsätzlich gewährt § 613a BGB nach Auffassung des Achten Senats im Urteil vom 18. August 2011 (- 8 AZR 312/10 -) keinen Schutz vor einvernehmlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne sachlichen Grund. Aufgrund der Vertragsfreiheit können die Vertragsparteien auch im Rahmen des § 613a BGB die Kontinuität des Arbeitsvertrags beenden. Jedoch schützt § 613a BGB vor einer Veränderung des Arbeitsvertragsinhalts ohne sachlichen Grund. Dieser Schutz darf nicht umgangen werden. In dem vom Senat entschiedenen Fall hatte der Kläger im Zeitpunkt des dreiseitigen Vertragsabschlusses jedoch ein neues Arbeitsverhältnis mit der beklagten Erwerberin „zumindest verbindlich in Aussicht gestellt“ bekommen, da man ihn ein vorformuliertes Vertragsangebot hatte unterzeichnen lassen und zu diesem Zeitpunkt die Chance von 352 : 452 bestand, einen Arbeitsvertrag mit der Beklagten zu bekommen. Das Angebot war „verbindlich“, weil sich auch die beklagte Erwerberin zu diesem Zeitpunkt bereits an einen Losentscheid gebunden hatte. Per Los sollten 352 von 452 Mitarbeitern bestimmt werden, die
bei der Erwerberin weiterbeschäftigt werden sollten. Allein die Bedingung „Losglück“ führte dazu, dass die Beklagte ihrerseits das Vertragsangebot des Klägers hätte gegenzeichnen müssen. Insoweit musste die bei der Veräußerung bei dem Rechtsvorgänger zurückgelegte Beschäftigungszeit für die Berechnung der Kündigungsfrist berücksichtigt werden. Im Übrigen reicht es für die Berechnung der Kündigungsfrist aus, wenn zwischen mehreren Arbeitsverhältnissen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Der Senat hat einen solchen engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang bejaht, da das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft nur auf dem Papier bestanden hat und mehrere Arbeitsverhältnisse von der bisherigen Arbeitgeberin vermittelt worden sind. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB umfasst nur solche Betriebsübergänge, die durch Rechtsgeschäft erfolgen. Der Achte Senat hat im Urteil vom 18. August 2011 (- 8 AZR 230/10 -) entschieden, dass das Tatbestandsmerkmal „Rechtsgeschäft“ weit zu verstehen ist. Es erfasst alle Fälle einer Fortführung der wirtschaftlichen Einheit im Rahmen vertraglicher oder sonstiger rechtsgeschäftlicher Beziehungen, ohne dass unmittelbar Vertragsbeziehungen zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber bestehen müssen. Das Tatbestandsmerkmal soll den Anwendungsbereich der Vorschrift nicht einschränken, sondern ihn gegenüber den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge und der Übertragung aufgrund Hoheitsaktes abgrenzen. Der Senat entschied über einen Fall, in dem ein für ein Hotelgrundstück eingesetzter Zwangsverwalter das
Pachtverhältnis gegenüber der bisherigen Arbeitgeberin der Klägerin gekündigt hatte. Nachdem der Gerichtsvollzieher den beklagten Zwangsverwalter in den Besitz des Hotelgrundstücks eingesetzt hatte, betrieb dieser das Hotel weiter. Die Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der bisherigen Arbeitgeberin mit dem beklagten Zwangsverwalter fortbesteht, war erfolgreich. Der beklagte Zwangsverwalter trat gemäß § 142 Abs. 2 ZVG in das Pachtverhältnis zwischen der Schuldnerin und der bisherigen Arbeitgeberin der Klägerin ein. Insofern besteht keine grundsätzlich andere Situation als in den sonstigen Fällen der Rückgabe eines verpachteten Betriebs an den Verpächter nach Ablauf des Pachtverhältnisses verbunden mit einer tatsächlichen Fortführung des Betriebs durch den bisherigen Verpächter. Der Zwangsverwalter übt dabei nur die privatrechtlichen Befugnisse aus, wie sie sich aus dem Pachtverhältnis ergeben. Der Umstand, dass er die ihm zustehenden Rechte mittels Zwangsvollstreckung durchsetzen musste, ändert nichts an deren rechtsgeschäftlichem Charakter. Der Beschluss des Amtsgerichts, der dem Zwangsverwalter die Fortführung des gewerblichen Hotelbetriebs genehmigte, machte den Übertragungsvorgang nicht zu einem hoheitlichen Akt. Er betrifft allein die Befugnisse des Zwangsverwalters und nicht die Qualität seiner rechtlichen Handlungen.