Für den Zugang einer Kündigungserklärung werden nach der Verkehrsanschauung in einer gemeinsamen Wohnung lebende Ehegatten füreinander grundsätzlich als Empfangsboten angesehen. Eine Willenserklärung ist regelmäßig auch dann in den Machtbereich des Adressaten gelangt, wenn sie außerhalb seiner Wohnung einem Empfangsboten übermittelt wird.
In dem vom Sechsten Senat im Urteil vom 9. Juni 2011 (- 6 AZR 687/09 -) entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber die schriftliche Kündigungserklärung am 31. Januar dem in der gleichen Wohnung lebenden Ehegatten der klagenden Arbeitnehmerin übergeben und zwar an dessen Arbeitsplatz in einem Baumarkt. Der Zugang einer empfangsbedürftigen Willenserklärung wird angenommen, wenn diese so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen vom Inhalt der Erklärung Kenntnis nehmen kann. Dass in einer gemeinsamen Wohnung lebende Ehegatten füreinander grundsätzlich als Empfangsboten angesehen werden, beruht auf der Lebenserfahrung, dass sie die für ihren Ehepartner bestimmten Erklärungen diesem auszuhändigen pflegen, sodass sie in dessen Macht- und Zugriffsbereich gelangen und er von ihnen Kenntnis nehmen kann. Dabei
ist der Ablauf der Zeit, die der Empfangsbote für die Übermittlung normalerweise benötigt, zu berücksichtigen. Im entschiedenen Fall war die Feststellung der Vorinstanz, dass die Beklagte mit einer Aushändigung des Kündigungsschreibens an die Klägerin am gleichen Tage nach der Rückkehr ihres Ehemanns in die Wohnung rechnen konnte, nicht zu beanstanden. Gleiches galt für die Wertung des Landesarbeitsgerichts, die Erklärung des Ehemanns der Klägerin, die Angelegenheit müsse zwischen der Beklagten und seiner Ehefrau geregelt werden, stelle keine Ablehnung der Weiterleitung des Kündigungsschreibens an seine Ehefrau dar. Mit dem Zugang des Kündigungsschreibens an die Klägerin noch am 31. Januar war die im konkreten Fall einschlägige einmonatige Kündigungsfrist angelaufen. Die auf die Feststellung einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst zum 31. März gerichtete Klage blieb deshalb erfolglos. Im Zusammenhang mit der Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses während der Probezeit hat der Sechste Senat mit Urteil vom 8. Dezember 2011 (- 6 AZR 354/10 -) entschieden, dass die Kündigung gegenüber einem minderjährigen und damit nur beschränkt geschäftsfähigen Auszubildenden nach § 131 Abs. 2 BGB erst dann wirksam wird, wenn sie seinem gesetzlichen Vertreter zugeht. Ist die Kündigungserklärung mit dem erkennbaren Willen abgegeben worden, dass sie den gesetzlichen Vertreter erreicht, und gelangt sie – etwa durch den Einwurf des Kündigungsschreibens in seinen Hausbriefkasten – tatsächlich in dessen Herrschaftsbereich, ist der Zugang bewirkt. Der Senat erachtete das an den klagenden Auszubildenden, gesetzlich vertreten durch die Eltern, gerichtete Schreiben als Erklärung gegenüber den Eltern des Klägers als dessen gesetzlichen Vertretern. Mit dem Einwurf in den gemeinsamen Briefkasten der Familie war der Zugang der Kündigung noch rechtzeitig während der Probezeit gemäß § 22 Abs. 1 BBiG bewirkt. Die Ortsabwesenheit der Eltern stand dem nicht entgegen. Für den Zugang reichte es aus, dass das Schreiben in den Herrschaftsbereich der Eltern gelangt war und sie es unter normalen Umständen zur Kenntnis nehmen konnten. Die Kündigung war auch nicht gemäß § 174 BGB unwirksam. Dem von einem Bevollmächtigten unterzeichneten Kündigungsschreiben war zwar keine Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Zurückweisung durch den späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers erfolgte jedoch erst zehn Tage nach dem Tag, an dem die Mutter des Klägers das Kündigungsschreiben tatsächlich erhalten und von der fehlenden Vorlegung der Vollmachtsurkunde Kenntnis hatte. Eine Zurückweisung nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ohne das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls ist nicht mehr unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB.