Abmeldung von Betriebsratsmitgliedern bei Betriebsratstätigkeit am Arbeitsplatz

Nach dem Beschluss des Siebten Senats vom 29. Juni 2011 (- 7 ABR 135/09 -) ist ein Betriebsratsmitglied, das an seinem Arbeitsplatz während seiner Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben erledigt, grundsätzlich verpflichtet, sich beim Arbeitgeber abzumelden und die voraussichtliche Dauer der Betriebsratstätigkeit mitzuteilen.

Die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beim Verlassen des Arbeitsplatzes bestehende Abmeldepflicht von Betriebsratsmitgliedern gilt grundsätzlich auch, wenn ein Betriebsratsmitglied die Betriebsratstätigkeit an seinem Arbeitsplatz ausübt. Einer
Zustimmung des Arbeitgebers bedarf das Betriebsratsmitglied zwar nicht. Die Abmeldepflicht hat jedoch den Zweck, dem Arbeitgeber die Arbeitseinteilung zu erleichtern, vor allem den Arbeitsausfall des Betriebsratsmitglieds zu überbrücken. Daher besteht keine vorherige Meldepflicht in den Fällen, in denen eine vorübergehende Umorganisation der Arbeitseinteilung nicht ernsthaft in Betracht kommt. Maßgeblich hierfür sind die
Umstände des Einzelfalls. Dazu gehören insbesondere die Art der Arbeitsaufgabe des Betriebsratsmitglieds und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunterbrechung. In Fällen, in denen sich das Betriebsratsmitglied nicht abmeldet, ist es verpflichtet, dem Arbeitgeber auf dessen Verlangen nachträglich die Gesamtdauer der in einem bestimmten Zeitraum geleisteten Betriebsratstätigkeit mitzuteilen. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran zu erkennen, für welche Zeiten er aufgrund von Betriebsratstätigkeit nach § 611 Abs. 1 BGB iVm. § 37 Abs. 2 BetrVG Entgelt zahlen muss, obwohl das Betriebsratsmitglied keine Arbeit geleistet hat. Meldet sich das Betriebsratsmitglied ab und zurück, entfällt die Dokumentationspflicht.

Der Konzernbetriebsrat

Nach § 54 Abs. 1 BetrVG kann für einen Konzern (§ 18 Abs. 1 AktG) durch Beschlüsse der Gesamtbetriebsräte oder – unter den Voraussetzungen des § 54 Abs. 2 BetrVG – der Betriebsräte ein Konzernbetriebsrat errichtet werden.

Dabei bestimmt das Betriebsverfassungsgesetz nicht selbst, wann ein Konzern besteht und welche Unternehmen ihm angehören. § 54 Abs. 1 BetrVG verweist vielmehr auf § 18 Abs. 1 AktG, wonach ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen einen sogenannten Unterordnungskonzern bilden, wenn sie unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst sind. Die Abhängigkeit ist üblicherweise gesellschaftsrechtlich vermittelt. Der Siebte Senat konnte in seinem Beschluss vom 9. Februar 2011 (- 7 ABR 11/10 -) offenlassen, ob sie auch auf andere Weise begründet werden kann. Sofern dies überhaupt angenommen würde, müsste die anderweitig begründete Abhängigkeit mit der gesellschaftsrechtlich vermittelten zumindest gleichwertig sein. Das herrschende Unternehmen müsste über die rechtlich verstetigte Möglichkeit verfügen, grundsätzlich alle unternehmensrelevanten Entscheidungen des abhängigen Unternehmens zu steuern. Die Möglichkeit, Teilbereiche des anderen Unternehmens zu beeinflussen, würde nicht ausreichen. Derart umfassende, rechtlich verstetigte Einflussmöglichkeiten waren in dem zu entscheidenden Streitfall nicht gegeben. Der Senat hat ferner entschieden, dass für einen Konzern grundsätzlich nur ein – beim herrschenden Unternehmen angesiedelter – Konzernbetriebsrat errichtet werden kann. Die Bildung mehrerer nebeneinander bestehender Konzernbetriebsräte ist gesetzlich ebenso wenig vorgesehen wie die Errichtung eines Konzernbetriebsrats für einen Teil des Konzerns. Die gesetzliche Betriebsverfassung kennt keinen „SpartenKonzernbetriebsrat“. Die in dem Streitfall vorgenommene Errichtung eines „Konzernbetriebsrats“ für den Bereich des Rettungsdienstes eines DRK-Landesverbands war daher nicht möglich.

Mitbestimmung bei Ein- und Umgruppierung

Wie der Siebte Senat mit Beschluss vom 12. Januar 2011 (- 7 ABR 34/09 -) entschieden hat, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat beteiligen, wenn er Arbeitnehmer den Entgeltgruppen des Entgeltrahmen-Tarifvertrags für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg vom 16. September 2003 (ERA-TV) zuordnet.

Es handelt sich dabei um eine nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Eingruppierung. Eine Ein- oder Umgruppierung im Sinne dieser Bestimmung ist die rechtliche Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer einer bestimmten Gruppe einer Vergütungsordnung oder einer von mehreren Vergütungsordnungen zugeordnet ist. Dagegen ist die abstrakte Bewertung einer Stelle, eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit selbst keine der Mitbestimmung nach § 99 BetrVG unterfallende personelle Einzelfallmaßnahme. Daher besteht bei der Bewertung und Einstufung von Arbeitsaufgaben nach dem im ERA-TV festgelegten Verfahren kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Der Arbeitgeber hat aber darüber hinaus dem Beschäftigten und dem Betriebsrat nach § 9.2 ERA-TV die sich aufgrund der Einstufung der Arbeitsaufgabe ergebende Entgeltgruppe mitzuteilen. Das setzt zwingend die Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Entgeltgruppe sowie die damit einhergehende Einschätzung des Arbeitgebers voraus, dass der Arbeitnehmer die einer bestimmten Bewertung und Einstufung entsprechende Arbeitsaufgabe ausführt. Hierin liegt die nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Ein- oder Umgruppierung. Das Mitbestimmungsrecht entfällt nicht deshalb, weil die Beurteilung des Arbeitgebers und demzufolge die Mitbeurteilung des Betriebsrats aufgrund der konkreten Vorgaben der Vergü-tungsordnung stark eingeschränkt sind. Die Tarifvertragsparteien des ERA-TV haben das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen auch nicht etwa beseitigt. Das Betriebsverfassungsgesetz enthält Mindestbestimmungen über die Beteiligungsrechte des Betriebsrats. Die Tarifvertragsparteien können diese nicht wirksam ausschließen, sofern nicht das Betriebsverfassungsgesetz selbst eine solche Möglichkeit – etwa nach § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG – vorsieht. Der Siebte Senat hat mit Beschluss vom 4. Mai 2011 (- 7 ABR 10/10 -) seine ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach der Betriebsrat in Fällen, in denen der Arbeitgeber die gebotene Ein- oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers unterlässt, in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen kann, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung vorzunehmen, ihn um Zustimmung zu ersuchen und im Falle der beachtlichen Zustimmungsverweigerung das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten. Die Verpflichtung zur Ein- und Umgruppierung setzt eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung voraus. Woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt, ist unerheblich. Sie kann in einem Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig beschlossen sein. Für die betriebliche Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 BetrVG kommt es nicht auf einen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf die Anwendung des Tarifvertrags, sondern darauf an, ob die Vergütungsordnung im Betrieb gilt. Allerdings gilt eine tarifliche Vergütungsordnung für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer nicht unmittelbar und zwingend (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Dies bedeutet aber nicht, dass deshalb die betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Eingruppierung dieser Arbeitnehmer entfiele. Es geht bei der Pflicht des Arbeitgebers zur Ein- oder Umgruppierung – jedenfalls primär – nicht um die Prüfung individueller Vergütungsansprüche, sondern um die Beachtung der kollektiv geltenden Vergütungsordnung. Der Senat hat nicht entscheiden, welche Wirkung auf die individuellen Ansprüche des einzelnen Arbeitnehmers die betriebsverfassungsrechtlich gebotene Eingruppierung hat, die der Arbeitgeber mit – unmittelbar erteilter oder vom Arbeitsgericht ersetzter  Zustimmung des Betriebsrats vornimmt. Jedenfalls folgt aus der Pflicht des Arbeitgebers, auch nicht tarifgebundene Arbeitnehmer in die in seinem Betrieb geltende tarifliche Vergütungsordnung einzugruppieren, nicht ohne Weiteres ein mit der Eingruppierung korrespondierender Anspruch dieser Arbeitnehmer.

Kosten des Betriebsrats

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die erforderlichen Aufwendungen einzelner Betriebsratsmitglieder, die diesen durch die Wahrnehmung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben entstehen (vgl. nur BAG 16. Januar 2008 – 7 ABR 71/08 -).

Das Betriebsratsmitglied hat nach einer Entscheidung des Siebten Senats vom 23. Juni 2010 (- 7 ABR 103/08 -) grundsätzlich keinen Anspruch auf Erstattung von Kosten, die dem Bereich seiner persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind oder durch eine persönlich veranlasste Pflichtenkollision entstehen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Erfüllung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben mit der
Pflicht eines Betriebsratsmitglieds zur Pflege und Betreuung minderjähriger Kinder kollidiert. In diesem Fall ist bei der Auslegung von § 40 Abs. 1 BetrVG die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG zu beachten. Diese führt dazu, dass ein Betriebsratsmitglied vom Arbeitgeber in angemessener Höhe die Erstattung von Aufwendungen für die Fremdbetreuung minderjähriger Kinder verlangen kann, wenn es die Pflichtenkollision zwischen seinen gesetzlichen Betriebsratsaufgaben und der sowohl grundrechtlich als auch einfachgesetzlich in § 1626 Abs. 1, § 1631 Abs. 1 BGB normierten Pflicht zur Pflege, Erziehung und Beaufsichtigung der Kinder anders in zumutbarer Weise nicht lösen kann. War ein Familienmitglied bereit und in der Lage, die Kinder kostenlos zu betreuen, scheidet ein Erstattungsanspruch aus. Kinderbetreuungskosten für Zeiten, in denen das Betriebsratsmitglied ohne die Erfüllung von Betriebsratsaufgaben zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen wäre oder in denen der Arbeitgeber Mehrarbeit hätte verlangen können, hat der Arbeitgeber ebenfalls nicht zu erstatten. Bei diesen handelt es sich nicht um Aufwendungen, die gerade durch die Betriebsratstätigkeit entstanden sind.

Mitbestimmung und Mitwirkung des Betriebsrats

Schließen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über eine betriebliche Vergütungsordnung, liegt darin nach einem Urteil des Ersten Senats vom 22. Juni 2010 (- 1 AZR 853/08 -) zugleich die Ausübung des dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zustehenden Mitbestimmungsrechts für die zukünftige Anwendung der in der Vereinbarung zum Ausdruck kommenden Entlohnungsgrundsätze.

Die Beendigung der Betriebsvereinbarung führt deswegen regelmäßig nicht zum ersatzlosen Fortfall der bisher im Betrieb geltenden Vergütungsstruktur. Es endet lediglich die gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG zwingende Wirkung der Entlohnungsgrundsätze. Infolgedessen bedarf deren Änderung auch nach Ablauf der Betriebsvereinbarung der Zustimmung des Betriebsrats oder einer ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle nach § 87 Abs. 2 BetrVG. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der nicht tarifgebundene Arbeitgeber entgegen den Regelungen einer Betriebsvereinbarung eine jährliche Monatszuwendung sukzessive abgesenkt und zuletzt nur noch in Höhe eines halben Bruttoentgelts gezahlt. Diese Maßnahme hätte der Mitbestimmung des Betriebsrats bedurft, weil in der durch die Betriebsvereinbarung festgelegten Gesamtvergütung für alle Beschäftigte gleich hohe Vergütungsbestandteile enthalten waren und sich deshalb durch die Absenkung der Monatszuwendung der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander änderte. Da der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht beachtet hatte, konnten die betroffenen Arbeitnehmer nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung eine Vergütung auf der Grundlage der zuletzt mitbestimmten Entlohnungsgrundsätze verlangen. Die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütungshöhe wird in einem solchen Fall von Gesetzes wegen durch die Verpflichtung des Arbeitgebers ergänzt, die Arbeitnehmer nach den im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätzen zu vergüten.

Haben die Betriebsparteien in einem Sozialplan die wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern durch eine Betriebsänderung entstehen, angemessen ausgeglichen, können sie in einer weiteren freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG zusätzlich zu den bestehenden Sozialplanleistungen finanzielle Anreize zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags vereinbaren. Dies hat der Erste Senat in einem Urteil vom 18. Mai 2010 (- 1 AZR 187/09 -) entschieden. Im Streitfall enthielt die freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung eine Stichtagsregelung, nach der nur die Arbeitnehmer ein Angebot auf Zahlung einer zusätzlichen Abfindung erhielten, die bei Inkrafttreten der Vereinbarung noch keinen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten. Diese Differenzierung verstieß nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG. Die Gesamtbetriebsvereinbarung unterlag nicht den für Sozialpläne aus § 112 Abs. 1 BetrVG folgenden Regelungsbeschränkungen (vgl. dazu BAG 19. Februar 2008 – 1 AZR 1004/06 -). Die Betriebsparteien können in der freiwilligen Betriebsvereinbarung Regelungen treffen, die dazu dienen, das arbeitgeberseitige Interesse an einem zügigen Personalabbau durch einvernehmliche Vertragsbeendigungen zu verwirklichen. In Anbetracht dieser Anreizfunktion durften sie auch diejenigen Arbeitnehmer ausschließen, die zur einvernehmlichen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses keines weiteren Anreizes mehr bedurften. Eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, wonach der Arbeitgeber bei der Verletzung von Mitbestimmungsrechten eine Vertragsstrafe an einen Dritten zu zahlen hat, ist nach einem Beschluss des Ersten Senats vom 19. Januar 2010 (- 1 ABR 62/08 -) unwirksam. Eine solche Vertragsstrafenabrede widerspricht zwingenden Grundsätzen zur Gewährleistung der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung. Das BetrVG weist dem Betriebsrat die Aufgabe zu, auf die Einhaltung dieser Ordnung hinzuwirken. Dabei stellt es deren Durchsetzung in das pflichtgemäße Ermessen des Betriebsrats. Kommt der Arbeitgeber einer gerichtlichen Entscheidung nicht nach, haben ihn die Arbeitsgerichte auf Antrag des Betriebsrats durch Ordnungs- oder Zwangsgeld zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuhalten. Die beigetriebenen Ordnungs- bzw. Zwangsgelder verfallen der Staatskasse. Dies sichert die äußere Unabhängigkeit der Amtsführung des Betriebsrats. Das Vertragsstrafeversprechen zielt dagegen nicht auf die Wiederherstellung eines betriebsverfassungsgemäßen Zustands, sondern hat reinen Strafcharakter. Dass der Arbeitgeber von der Beteiligung des Betriebsrats gegen Zahlung der vereinbarten Strafe absehen kann, kommt einem „Abkauf“ gesetzlicher Rechte gleich. Durch die finanzielle Begünstigung Dritter kann zudem der Eindruck entstehen, der Betriebsrat mache die Wahrnehmung seiner Rechte von sachfremden Erwägungen abhängig.

Durchführungsanspruch

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die Durchführung einer Betriebsvereinbarung verlangen (vgl. BAG 24. Februar 1987 – 1 ABR 18/85 -). Dies setzt nach einer Entscheidung des Ersten Senats vom 18. Mai 2010 (- 1 ABR 6/09 -) voraus, dass der Betriebsrat selbst Partei der Betriebsvereinbarung ist oder ihm durch die Betriebsvereinbarung ausdrücklich eigene Rechte eingeräumt werden.

Der örtliche Betriebsrat hat daher keinen eigenen Anspruch auf Durchführung von Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarungen, die der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat in originärer Zuständigkeit mit dem Arbeitgeber abgeschlossen hat. Er kann die Einhaltung der durch diese Vereinbarungen gestalteten betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung nur nach § 23 Abs. 3 BetrVG erzwingen. Etwas anderes gilt bei einer Delegation der Regelungsbefugnis gemäß § 50 Abs. 2, § 58 Abs. 2 BetrVG. Da der beauftragte Gesamt- oder Konzernbetriebsrat in diesen Fällen als Vertreter tätig wird, steht der Durchführungsanspruch den beauftragenden Betriebsräten zu.

Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats

Der Gesamtbetriebsrat ist für eine Angelegenheit, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betrifft, nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG originär zuständig, wenn ein zwingendes Erfordernis für eine betriebsübergreifende Regelung besteht.

Hiervon ist etwa auszugehen, wenn der Arbeitgeber im Bereich der freiwilligen Mitbestimmung zu einer Leistung nur betriebsübergreifend bereit ist (BAG 10. Oktober 2006 – 1 ABR 59/05 -). Bei einer vom Arbeitgeber beabsichtigten unternehmenseinheitlichen Regelung der Vergütungsstruktur von AT-Angestellten liegt nach einer Entscheidung des Ersten Senats vom 18. Mai 2010 (- 1 ABR 96/08 -) kein zwingendes Erfordernis iSd. § 50 Abs. 1 BetrVG vor. Die Entgeltzahlung an die AT-Angestellten ist keine freiwillige Leistung. Denn der Arbeitgeber muss diese aufgrund individualvertraglicher Vereinbarung oder zumindest nach § 612 Abs. 1 BGB auch dann erbringen, wenn er sich mit dem Betriebsrat über deren Verteilungsgrundsätze nicht einig wird. Der Arbeitgeber kann die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats deshalb nicht dadurch begründen, dass er ein Gesamtbudget für die Vergütung der AT-Angestellten auf Unternehmensebene festlegt. Auch der tarifersetzende Charakter der Vergütungsgrundsätze stellt kein Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche Regelung dar. Gleiches gilt für den arbeits- bzw. betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser hat keinen Einfluss auf die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung zwischen den Betriebsverfassungsorganen. Er begrenzt lediglich die Regelungsmacht der Betriebsparteien.

Restmandat des Betriebsrats

Im Fall einer Stilllegung des Betriebs bleibt der Betriebsrat nach § 21b BetrVG so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist.

Der Siebte Senat musste sich im Berichtszeitraum mit dem Problem beschäftigen, ob einem Betriebsratsmitglied im Restmandat für die Zeit nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ein Vergütungsanspruch für geleistete Betriebsratstätigkeit zusteht. Der Senat hat dies durch Beschluss vom 5. Mai 2010 (- 7 ABR 728/08 -) für den Fall abgelehnt, dass das Betriebsratsmitglied durch seine Tätigkeit lediglich ein Freizeitopfer erbringt. Zwar erlischt die Mitgliedschaft im Betriebsrat nach der Begründung des Restmandats nicht mehr durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses; denn § 24 Nr. 3 BetrVG findet – auch wenn das Ende des Arbeitsverhältnisses keine Folge der Betriebsstilllegung ist – im Restmandat keine Anwendung. Dennoch fehlt es in diesem Fall an einer gesetzlichen Grundlage für Vergütungsansprüche des Betriebsratsmitglieds. Eine analoge Anwendung von § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG scheidet mangels planwidriger Gesetzeslücke aus, wenn die Betriebsratstätigkeit nur mit einem Freizeitopfer verbunden ist. Aus dem Ehrenamtsprinzip (§ 37 Abs. 1 BetrVG), den Regelungen in § 37 Abs. 2 und 3 BetrVG sowie dem Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG ergibt sich, dass von Betriebsratsmitgliedern erbrachte Freizeitopfer keinen Entgeltanspruch begründen. Ob das Betriebsratsmitglied einen Ausgleich für Vermögenseinbußen verlangen kann, die dadurch entstehen, dass es sich von einem neuen Arbeitgeber unbezahlt für Tätigkeiten im restmandatierten Betriebsrat freistellen lässt, hat der Senat offen gelassen

Tendenzträger

Beschäftigte sind Tendenzträger, wenn die Bestimmungen und Zwecke der in § 118 Abs. 1 BetrVG genannten Unternehmen und Betriebe für ihre Tätigkeit inhaltlich prägend sind (vgl. BAG 13. Februar 2007 – 1 ABR 14/06 -).

Anzeigenredakteure sind danach Tendenzträger, wenn sie entweder durch eigene Veröffentlichungen oder die Auswahl und das Redigieren von Beiträgen und Texten Dritter auf die Tendenzverwirklichung des Verlagsunternehmens unmittelbar inhaltlich Einfluss nehmen. Dies hat der Erste Senat mit Beschluss vom 20. April 2010 (- 1 ABR 78/08 -) entschieden. Der Schutzbereich der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst auch den Anzeigenteil einer Tageszeitung. Maßgebend für die Tendenzträgereigenschaft ist die Einflussnahme der Anzeigenredakteure auf den Inhalt des Presseerzeugnisses und nicht ihre organisatorische Einbindung in den Verlag. Im Streitfall hat der Senat daher ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Durchführung von betrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen nach § 98 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 BetrVG für die Redakteure verneint, da dies die Tendenzverwirklichung beeinträchtigen würde.

Parteipolitische Betätigung

Betriebsrat und Arbeitgeber haben nach § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG jede parteipolitische Betätigung im Betrieb zu unterlassen. Die Verletzung des parteipolitischen Neutralitätsgebots durch den Betriebsrat begründet nach einem Beschluss des Siebten Senats vom 17. März 2010 (- 7 ABR 95/08 -) keinen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat.

Damit hat der Senat die frühere Rechtsprechung zu § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG aufgegeben (BAG 12. Juni 1986 – 6 ABR 67/84 -). Der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, wer Inhaber eines solchen Anspruchs sein könnte. Auch das Konzept des § 23 BetrVG sieht einen wegen der Vermögenslosigkeit des Betriebsrats ohnehin nicht vollstreckbaren Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers nicht vor. Der Arbeitgeber kann bei einem groben Verstoß des Betriebsrats gegen die nach § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG bestehenden Pflichten gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Auflösung des Betriebsrats beantragen. Im Übrigen hat er die Möglichkeit, die Unzulässigkeit der Betätigung des Betriebsrats nach § 256 Abs. 1 ZPO gerichtlich feststellen zu lassen. Eine entsprechende Feststellung ist bei einer späteren gleichartigen Pflichtverletzung des Betriebsrats von erheblicher Bedeutung für einen Auflösungsantrag des Arbeitgebers. Offen gelassen hat der Senat, ob auch künftig noch daran festzuhalten ist, dass schon das Eintreten für oder gegen eine bestimmte politische Richtung – unabhängig von einem konkreten Bezug zu einer politischen Partei – unter § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG fällt (vgl. BAG 12. Juni 1986 – 6 ABR 67/84 -). Jedenfalls untersagt die Norm nicht Äußerungen allgemeinpolitischer Art, die eine politische Partei, Gruppierung oder Richtung weder unterstützen noch sich gegen sie wenden. Der Betriebsrat verstößt deshalb allein durch einen an die Mitarbeiter des Betriebs gerichteten Aufruf, sich an einer bevorstehenden politischen Wahl oder Abstimmung zu beteiligen, nicht gegen das parteipolitische Neutralitätsgebot.