Ein arbeitsvertraglicher Änderungsvorbehalt muss als Allgemeine Geschäftsbedingung den formellen Anforderungen des § 308 Nr. 4 BGB gerecht werden. Der Verwender muss vorgeben, aus welchen Gründen der Widerruf möglich sein soll, zB wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers.
Hierzu hat der Fünfte Sena tim Urteil vom 20. April 2011 (- 5 AZR 191/10 -) bestätigt, dass eine vor dem 1. Januar 2002 und damit vor der Erstreckung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Arbeitsverhältnisse vereinbarte Klausel nicht wegen fehlender Benennung der Widerrufsgründe ersatzlos entfällt. Vielmehr bedarf es zur Schließung der entstandenen Lücke der ergänzenden Vertragsauslegung. Dabei steht der Lückenschließung nicht entgegen, wenn der beklagte Arbeitgeber während der in Art. 229 § 5 EGBGB geregelten Übergangsfrist von einem Jahr keine Vertragsanpassung versucht hat. Aus der regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden, erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen für die Zukunft.
Entscheidend ist dabei nicht, ob sich der Erklärende verpflichten wollte, sondern ob der die Erklärung empfangende Arbeitnehmer die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände dahin verstehen konnte und durfte, der Arbeitgeber wolle sich zu einer über seine gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten. Im vom Zehnten Senat am 8. Dezember 2010 (- 10 AZR 671/09 -) entschiedenen Fall stand dem Anspruch des
klagenden Arbeitnehmers auch nicht die Freiwilligkeitsklausel des Arbeitsvertrags entgegen. Zwar kann ein Freiwilligkeitsvorbehalt regelmäßig das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Sonderzahlung verhindern. Der Vorbehalt darf aber nicht mehrdeutig sein und insbesondere nicht in Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen. Ist der Freiwilligkeitsvorbehalt klar und verständlich formuliert, fehlt es an einer versprochenen Leistung iSd. § 308 Nr. 4 BGB. Die Klausel im Arbeitsvertrag „Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“ enthielt lediglich die Aussage, dass die erfasste Gratifikation nicht durch Gesetz oder Tarifvertrag vorgeschrieben sei, sondern freiwillig erfolge. Weitergehendes, beispielsweise dass auch bei einer wiederholten Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet werde, enthielt die Klausel nicht. Ein um Verständnis bemühter Arbeitnehmer wird dies nur als Hinweis verstehen, dass sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Gratifikation bereit erklärt, ohne dazu durch andere Regelungen gezwungen zu sein. Die Klausel ist auch deshalb unklar und missverständlich, weil der zweite Satz eine Widerrufsmöglichkeit vorsieht. Die Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt führt dazu, dass für den Vertragspartner nicht deutlich wird, ob ein Bindungswille für die Zukunft weiterhin ausgeschlossen bleiben oder lediglich eine die vertragliche Bindung voraussetzende Möglichkeit der Lossagung eröffnet werden soll. Damit konnte der klagende Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld auf Grundlage betrieblicher Übung verlangen. Im Urteil vom 14. September 2011 (- 10 AZR 526/10 -) bestätigt und erweitert der Zehnte Senat seine Rechtsprechung vom 8. Dezember 2010 (- 10 AZR 671/09 -).
Durch die über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren erfolgte Zahlung einer als 13. Monatsgehalt bezeichneten Zuwendung war diese Bestandteil der arbeitsvertraglichen Regelungen der Parteien geworden. Dem stand nicht § 4 Abs. 3 des Arbeitsvertrags „Sonstige, in diesem Vertrag nicht vereinbarte Leistungen des Arbeitgebers anden Arbeitnehmer sind freiwillig und jederzeit widerruflich. Auch wenn der Arbeitgeber sie mehrmals und regelmäßig erbringen sollte, erwirbt der Arbeitnehmer dadurch keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.“ entgegen. Die Klausel war wegen der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt intransparent und verstieß gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Eine solche Kombination führt regelmäßig zur Unwirksamkeit der Klausel. Die aus zwei Sätzen bestehende Klausel konnte auch nicht so geteilt werden, dass lediglich ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt bestehen bliebe. Die Intransparenz der vertraglichen Regelung folgt gerade aus der Kombination zweier Klauselteile, die jeweils für sich genommen ausreichend transparent sein mögen. Der im Arbeitsvertrag enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt war darüber hinaus unangemessen. Der Senat hatte
bereits Bedenken, ob ein solcher vertraglicher Vorbehalt dauerhaft den Erklärungswert einer ohne jeden Vorbehalt und ohne Hinweis auf die vertragliche Regelung erfolgten
Zahlung so erschüttert, dass der Arbeitnehmer das spätere konkludente Verhalten des Arbeitgebers entgegen seinem gewöhnlichen Erklärungswert nicht als Angebot zur
dauerhaften Leistungserbringung verstehen kann. Davon unabhängig verstößt ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer
Art und ihrem Entstehungsgrund erfassen soll, sowohl gegen den in § 305b BGB bestimmten Vorrang der Individualabrede als auch gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass vertragliche Regelungen einzuhalten sind. Die Möglichkeit, eine nach Zeitabschnitten bemessene Vergütung grundlos und noch dazu ohne jegliche Erklärung einzustellen, beeinträchtigt die Interessen des Arbeitnehmers grundlegend.
Es gibt auch keine objektiv feststellbaren Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB. Einem Arbeitgeber ist es unschwer möglich, bei der Erbringung der jeweiligen Leistung kontrollfrei zu bestimmen, ob es sich um eine einmalige Leistung handeln soll, und ggf. einen entsprechenden Vorbehalt zu erklären. Damit war die Klage erfolgreich, der beklagte Arbeitgeber musste dem Kläger das geltend gemachte 13. Monatsgehalt zahlen.